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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0346

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SchleiMrim und Adschird von Miinchen.

^u unsrer großen Freude trafen wir in München unsern Freund
Sigmund Pfeufer, er beendete eben fein Staatsexamen. Wir machten
am Mittwoch vor dem Fronleichnamstag mit ihm einen Ausflug nach
Schleißheim, um die dortige Bildergalerie zu fehen, Onkel und Nichte,
auch unser Landsmann Sudler, schlosfen sich uns an.

Der Tag verlief äußerst vergnügt. Die strotzenden Wangen
Josephinchens — so hieß die Nichte — blühten noch rosiger als sonst,
und ein Strahl sonniger Heiterkeit stahl sich sogar von der Jugend
auf das sauertöpfige Gesicht des Onkels.

Von den vielen Gemälden, die das alte kurfürstliche Schloß in
Schleißheim damals bewahrte, ist mir kein einziges in Erinnerung
geblieben, wohl aber ein kleines Abenteuer, wozu die muntere Nichte
Anlaß gab. Als gewissenhafter Geschichtschreiber darf ich es nicht
verschweigen.

Der Onkel, der Maler und ich waren mit dem Führer bereits
in dem letzten Saale angelangt, die Nichte mit Bronner und Pfeufer
in dem dahinter gelegenen Saale zurückgeblieben. Ermüdet von dem
vielen Schauen achtete ich nur mit halbem Ohr auf die eiutönige
Erklärung der Gemälde, da vernahm ich dentlich ein Pseifen im
Walzertakt und ein Schleifen von tanzenden Füßen; die Laute kamen
aus dem Nebensaale. Auch der Führer schien sie zu hören, er hielt
einen Augenblick mit dem Erklären inne und lauschte; plötzlich tönte
es dumpf wie ein schwerer Fall; hurtig lief er in den Saal zurück
und besorgt eilte ich ihm nach. Er sah sich prüsend an allen vier
 
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