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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0349

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Tegernsee und der Schandl.

lE^ir hatten unsre Koffer von Hause nach Wien voraus spedieren
lassen und wanderten mit leichten, über die Schultern gehängten Taschen
in die Alpen. Bis Tegernsee benützten wir den Stellwagen. Dahin
fnhren auch mit uns Onkel und Nichte, die einen fchweren Koffer mit
sich führten und in Tegernsee einige Tage verweilen wollten, während
wir nur zu übernachten beschlosfen, um noch einen letzten Abend mit
der Nichte zuzubringen und am Morgen darauf frich nach Tirol anf-
zubrechen. Aber das Schicksal bestimmte es anders.

Der Onkel hatte in München in Erfahrnng gebracht, daß es
seit kurzem in Tegernsee anßer dem Gasthof zur Post einen neuen
„zum Schandl" gebe, der ebenso gut und billiger sei, anch schöner
und höher liege. Dort wollte er sich einmieten und wir folgten bereit-
willig feinem Vorschlag, gleichfalls in dem Schandl abzusteigen. Bei
der Ankunft in Tegernsee hielt der Stellwagen an der Post, die
Dienstboten dieses Gasthofs weigerten sich, den Koffer unsres Reise-
gefährten in einen andern Gasthof zu tragen, er mußte sich nach
Trägern im Orte umfehen und schlug uns vor, einstweilen mit der
Nichte vorauszugehen nnd im Schandl Quartiere zu bestellen.

Die Nichte in nnsrer Mitte, stiegen wir einem kleinen Bach ent-
lang bergan, gingen aber fehl. Entweder verstanden wir die Leute
nicht, die wir nach dem Weg zum Schandl fragten, oder sie verstanden
uns nicht. Nachdem wir länger als eine Viertelstunde bergan ge-
gangen waren, wurden wir erst richtig belehrt, mußten umkehren, den-
selben Weg bergab gehen und einen Brückensteg überschreiten, um auf
 
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