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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0379

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Umschau in Wien.

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tansky hat das nicht gesagt, sondern sein Schnler, Prosessor Engel in
Zlirich". Diesmal nahm unser Frennd die Berichtignng nicht schwei-
gend hin, erregt erwiderte er: „Mein Herr, Sie mögen in der schönen
Litteratur gut zu Hause sein, aber in medizinischen Dingen lasse ich
mich nicht meistern, ich bin Doktor der Medizin." „Jch anch", sagte
der andre gelassen, „ich bin Primararzt an dem allgemeinen Kranken-
hause." Wir stellten uns gegenseitig vor, sein Name war nns bereits be-
kannt, wir wußten, daß er einer großen Abteilung für innere Kranke vor-
stand. Unser Freund machte gute Miene zum bösen Spiel und drückte
dem Herrn Primararzt seine Freude aus, eine so angenehme Bekannt-
schaft gemacht zu haben. Wir erbaten uns alle drei die Erlaubnis,
ihn am nächsten Morgen bei seiner Visite begleiten zu dürfen, was
er zusagte.

Wir waren pünktlich auf die Minnte in der Abteilnng des Herrn
Primararztes, die einige hundert Kranke verpslegte. Darunter waren
Skorbutische in Menge, die uns ungemein interessierten. Der Skorbut
war nns bisher unbekannt geblieben und in Wien herrschte er gerade
epidemisch. Die Visite ließ uns keine Zeit, die Kranken genau zu be-
trachten; sie war ein Danerlauf, ein medizinisches Wettrennen des
Primararztes mit seinen Assistenten, wer am ersten durch die Sale
komme, nur bei einigen besonders schweren Fällen wurde etwas aus-
geschnauft. Nach der Visite, der Herr Primararzt hatte sich empfohlen,
war einer der Sekundarärzte so gütig, uns mit einigen seiner Kranken
noch etwas genauer bekannt zu machen.
 
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