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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0386

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Jm allgemeinen Krankenhause.

man die Mittel, der Sepsis zu begegnen, nnr unzureichend kannte,
waren diese in löblicher Absicht gegründeten Anstalten kaum besser als
Mördergruben.

Noch ein dritter Knrs sei hervorgehoben, den uns der Seknn-
dararzt Spatzenegger auf der Abteilung sür Brustkranke über Perkussion
und Ansknltation erteilte. Diese Abteilung war 1840 für Skoda ge-
schasfen worden nnd Spatzenegger war Assistent bei ihm gewesen. Der
gemütliche, in den dreißigen stehende Herr erzählte uns viel Rühm-
liches von Skodas einsacher und bedürsnisloser Art zu leben. Er selbst
kam später als Professor der inneren Medizin nach Salzburg, seiner
Vaterstadt, und starb dort 1877.

Aeußerst anregend war Skodas Klinik. Er gemahnte mich in
seiner schlichten Art, sogar in Bewegnng und Gestalt, anD>en beschei-
denen Landpfarrer Gans, von dem ich im ersten Bnche erzählte. Skoda
besaß die Kunst des klinischen Unterrichts in seltenem Maße. Er-
staunlich war die Sicherheit seiner Diagnosen im Gebiete der Brust-
krankheiten. Jm Oktober war ich Zeuge eines großen Triumphes, den
seine physikalische Untersuchungsmethode feierte, die ärztlichen Kreise
Wiens waren voll des Ruhmes seiner Kunst. Er stellte in der Klinik
einen jungen Mann vor mit angeborenem Verschluß der Brustaorta,
sein Assistent Löbel hatte den Fehler erkannt und Skvda bestütigte die
Diagnose. Der Fall ist in Canstatts Jahresbericht von 1848, Bd. III,
S. 149 ausführlich beschrieben. Hat man Gelegenheit gehabt, ein
solches seltenes Vorkommnis zu sehen, oder die Beschreibung davon
sich gut eingeprägt, so ist es leicht, den Fehler wieder zu erkennen.
Jch bin zweimal in der Lage gewesen, diese Diagnose am Lebenden
zu machen, das letztemal bei einem bekannten Lothringer Arzte, dem
Dn. Raeiß in Pfalzbnrg. Ein leider verstorbener Assistent von mir,
Dn. Paul Maier, Dozent der Straßburger Fakultät, hat sie durch die
Obduktion von Raeiß bestätigt.

Anf der Abteilnng von Dumreicher wohnte ich im Dezember der
ersten Chloroformnarkose bei. Jm November hatte sie Simpson in
Edinbnrg an Stelle der Aethernarkose eingeführt, sie kommt rascher
zu stande als diese, doch ist sie gefährlicher. Die Abteilung Dum-
reichers besaß keinen eigenen Operationssaal, er mußte inmitten der
 
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