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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0439

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Jn Schleswig-Holstein 1849.

419

nach Holstein, wie im Jahre zuvor. Von Altona brachte mich die
Bahn, die nordwärts bis Rendsburg führte, in diese Festung, wo ich
erfuhr, daß das Bataillon v. Porbeck in der Umgegend von Eckern-
sörde stehe. Jch stieg zn Pferde und erreichte die kleine, durch das
Seegefecht am 5. April plötzlich berühmt gewordene Stadt, am Abend.
Ein guter Gasthof nahm mich für die Nacht auf.

Jn Eckernförde sah ich zum erstenmale das Meer und hörte
sein klagendes Rauschen. Auf dem grünen Spiegel der langgestreckten
Bucht lag nahe der Stadt am nördlichen Ufer die eroberte Fregatte
Gefion, weiter draußen in der Bucht das Wrack des Linienschiffs
Christian VIII. Diese Schiffe hatten zu den schönsten der dänischen
Flotte gehört; begleitet von einem Dampfer, hatten sie Truppen in
Eckeruförde landen sollen, aber die Stadt wurde durch zwei Strandbat-
terien mit holsteinischer Artillerie tapfer verteidigt. Die Schiffe be-
schossen die Batterien und die Stadt vergebens, sie versuchten zur
offnen See zurückzusegeln, aber ein widriger Wind hielt sie fest, nur
der Dampfer entkam, die beiden Kriegsschiffe mußten sich übel zu-
gerichtet ergeben. Ehe es gelungen war, ihre Besatzung ganz an das
Land zu schaffen, brach auf Christian VIII. Feuer aus und drang in
die Pulverkammer. Das riesige Schiff flog in die Luft und 200 Dünen
mit ihm; der tapfere Unteroffizier Preußer, von den holsteiner Kano-
nieren, der die Geschütze der Südbatterie geschickt gerichtet hatte und
auf das Schiff gekommen war, um die Dänen retten zu helfen, hatte das
gleiche Schicksal; 1200 Gefangene wurden von den beiden Schiffen gemacht.

Mit einem holsteinischen Militärarzte bestieg ich die Gefion. Noch
immer klebte Blut an den Wänden und zahlreiche Löcher und zer-
splittertes Gebälk zeigten die Wege, welche die holsteinischen Kugeln durch
den Schiffsleib, die Masten und Raaen genommen hatten. Von den
48 Kanonen der Fregatte sah ich noch ein Dutzend, die andern waren
bereits nach Rendsbnrg gebracht. Wir tranken auf dem Verdecke däni-
schen Punsch und stießen an auf ferneres Glück der deutschen Waffen.

Am Ufer lagen überall zerstreute Trümmer des Linienschiffs.
Jch fand einen angeschwemmten, vom Salzwasser gebleichten, von
der Sonne getrockneten Brief eines Matrosen Christian VIII.; mein
der dänischen Sprache kundiger Kollege übersetzte mir ihn, der Brief
 
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