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der Kryptamalereien (S. 93) zugeschrieben. Nach 25jähriger Regierung starb Ulrich 1121, nach-
dem er, der ehemalige St. Gallener Abt, zugunsten einiger Benediktinerklöster') seine Baulust
betätigt hatte.

Auf der Höhe des Ansehens, das unser Patriarchat damals besaß, suchten die Nachfolger

piigrim i. sich zu erhalten. Unter diesen heben wir Pilgrim I. (1132—1161) hervor, wieder einen Sprossen
des herzoglichen Hauses von Kärnten, dessen Grab «in choro», vor der fenestella confessionis
erhalten ist.2) Seine Beziehungen zur Krypta erklären sich am besten durch die Annahme,
daß schadhaft gewordene Fresken restauriert und die übrigen Wände samt der Decke voll-
ständig bemalt wurden. Unter ihm hatte auch der kirchliche Sprengel Aquilejas die größte
Ausdehnung erreicht.3) Mit fürstlichem Pomp empfing er den Kaiser Konrad III. (1149), aber
unter ihm begannen auch die ernsten Zerwürfnisse mit den Grafen von Görz, die als «Vögte
des Patriarchates zugleich seine unermüdlichsten und gefährlichsten Gegner waren».4) Ebenso

uirich ii. sollte eine Vorahnung der Stärke Venedigs dem Patriarchen Ulrich II. (1162) in Erinnerung
bleiben, als er, vom Dogen Vitale Michieli gefangen, in die Lagunenstadt geführt wurde und
durch eine, dem derben Humor des Mittelalters entsprechende jährliche Abgabe seine Freiheit
wieder erlangte. Der zweite Aufenthalt des Patriarchen in Venedig als eines Vermittlers
zwischen dem mächtigsten Papst, den die Kirchengeschichte kennt, Alexander III., und Kaiser
Friedrich Barbarossa (1177) war weit ehrenvoller. Im südlichen Seitenschiffe des Domes ist
sein Grab «ante Sanctum Jacobum»5) mit der Inschrift noch erhalten.6)

Gottfried Auf den Sprossen des hohenstaufischen Hauses Gottfried (1182—1194), der Generalreichs-

Piigrim ii. vikar für Italien war und wegen seiner Rednergabe gerühmt wird, folgte Pilgrim II,7) Erz-
diakon von Aquileja und Propst von Cividale. In letzter Eigenschaft stiftete er wohl die präch-
tige Silberpalla von Cividale,8) wahrscheinlich von den Künstlern derselben Stadt angefertigt.
Dort starb auch Pilgrim am 15. Mai 1204. Um sich vor seinen Schutzvögten zu sichern, hatte
dieser Patriarch ein Bündnis mit den Venezianern eingehen müssen. Es war politisch der
erste Schritt nach abwärts. Diesen beiden letztgenannten Patriarchaten entstammen auch die
ersten nachweisbar mit Namen versehenen Denare Aquilejas.9)

woifger Der ausgezeichnete Vermittler zwischen Papst und Reich Wolfger von Leubrechtskirchen

(1204—1218), «in Deutschland wohl ein Guelfe, in Italien aber ein Ghibelline»,10) hob das An-
sehen des Patriarchates und suchte seine Kirche mit prachtvollen Stoffen und kostbaren
Paramenten insbesondere der Altäre einzurichten.11) Auch waren ständige Handwerker für
die Kathedrale bestellt,12) deren Gottesdienst ebenso wie die Abgaben hierfür wohl geregelt
erscheinen. Wolfger, 1136 in Köln geboren, wurde nach einer bewegten Jugend vom Bistume
Passau auf den Patriarchenstuhl berufen. Sein Freund war Walter von der Vogelweide,13)
den er in Aquileja beherbergte, und wahrscheinlich auf Wolfgers Einfluß hin dichtete (1215)
Thomasin von Zirclaria, ein gebürtiger Cividaleser und Domherr von Aquileja, sein deutsches

x) Stiftete die Abtei Mosach (Moggio), restaurierte die uralte
Abtei von Beligna bei Aquileja, erneuerte und beschenkte die Kirche
S. Giovanni di Tuba (1112) bei Duino (Czörnig, 1. c, S. 269), welche
als Sommersitz der Beligneser Benediktiner verwendet werden sollte.
Ulrich errichtete auch 1106 die Kirche und das Chorherrenstift zu
Eberndorf im Jauntale (Kärnten). Die 2 m hohe Treppe zum Pres-
byterium (mit 12 Stufen) daselbst sowie die dreischiffige Krypta sind
durch Anlehnung an das aquilejensische Vorbild erklärlich. Abgebildet
in Kunsttopographie von Kärnten, S. 28, 30.

2) cf. S. 92. Über die Grabplatte Pilgrims I. vgl. den folgenden
Abschnitt.

3) Die Bistümer Pola, Triest, Capodistria, Parenzo, Pedena,
Cittanova, Concordia, Treviso, Ceneda, Belluno, Feltre, Padua, Vi-
cenza, Trient, Mantua, Verona, Como und die Abteien von Ossiach,
Moggio, Rosazzo, Beligna, Sesto, Pyro, St. Maria in Organo. Czörnig,
S. 171. Vgl. Bricito, Thesaurus, S. 3 f., 398 f.

4) Coronini, Patriarchengräber, S. 54.

5) J°PPi> Basilica, S. 21.

6) Vgl. den folgenden Abschnitt.

7) Coronini begründet seine Meinung, daß dieser Patriarch
dem deutschen Geschlechte der Dornberge angehörte, durch die An-
nahme, das Grab Pilgrims I. vor der Confessio gehöre eigentlich dem
zweiten Pilgrim, was aber nicht zutrifft, da es von letzterem heißt:
qui requiescit ante S. Hermogenem. Das kann nur der leere Grab-

stein vor dem jetzigen Petrusaltar sein. Siehe darüber den folgenden
Abschnitt über die Altäre des Domes.

8) G. Grion, Guida, S. 349 bringt die Inschriften und Beschrei-
bung. Publikationen siehe S. 92, Anm. 6.

9) Puschi, L'atelier monetaire des Patriarches d'Aquilee. Macon,
Protat Freres 1887, S. 52. Luschin, Numismat. Gesellsch. XVI, 1884,
222 f. Über die vor Gottfrieds Patriarchat geschlagenen Frisacenses
cf. Puschi, 1. c, 45 ff.

I0) Coronini, Patriarchengräber, S. 65.

1 *) Zu diesem Zwecke gab er dem dortigen Kapitel die Jahres-
einkünfte der Pieve di Pozzuole, che ammontano annualmente a
24 marche di denari aquilejesi, delle quali 16 ogni anno per 1' ornato
ed 8 per i cantori e per altre spese del culto .. . (Ughelli, Italia sacra, V,
79. Joppi, Basilica, S. 21).

I2) 1211, 9. Mai, Dokument I bei Joppi, Basilica, S. 5 und 31 ff.
. . . officialibus vero cuilibet, scilicet fabris, aurificibus, muratoribus,
pistoribus (pictoribus?) magistris Ecclesiae et illis qui faciunt bulgas
(Ledersäcke nach du Cange, Glossarium: Saccus scorteus. Joppi über-
setzt mit borse) illis qui ad Ecclesiam majorem ligna trahunt, valda-
riis (Waldhüter?), mutario et clavigero Aquilegensi cuilibet . . . detur
unus cereus . . . Das Dokument ist auch für die Topographie der
Stadt wichtig.

") Nagl-Zeidler, Deutsch-österr. Literaturgeschichte, S. 241fr.

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