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THESAURUS ECCLESIAE

he wir auf den Reliquienschatz selbst, soweit er
erhalten ist, zu sprechen kommen, wäre noch ein
kurzer Blick den alten Domaltären zu widmen.
Sind doch die* Reliquiarien dazu bestimmt, litur-
gischer Schmuck der Altäre zu sein, wie letztere als
die vornehmsten Reliquienbehälter einer Kirche gelten.

Der Hochaltar von Aquileja war nie das Grab der
Stadtpatrone und hatte darum gewiß eine eigene Reli-
quienkapsel in der Mensa oder einem Träger derselben.1)
So sicher ein Baldachinüberbau und eine gewisse Pracht
der altchristlichen Presbyteriumwände anzunehmen ist,
die wohl auch von dem Mosaik= und Perlmutterschmuck
Parenzos nicht übertroffen wurde, ist doch kein Rest des
ältesten Hochaltares nachweisbar.
Von seinem mittelalterlichen Bestände haben wir nur die Tischplatte (mensa, 153*5 x
274 cm) wieder in gleicher Verwendung auf dem jetzigen Hochaltar erhalten,2) zugleich ein
Beweis dafür, daß die Größenverhältnisse des ganzen Altares gleich geblieben sind.

Sonst kennen wir aus Poppos Bau nur die beiden kleinen Altäre, rechts und links vom
Hochaltar, wovon jener zur Rechten (Nordseite) den Leib des heil. Quirinus, der auf der Süd-
seite den des heil. Papstes Markus barg. Ihre Stelle ist nicht mehr genau zu bestimmen. Beide
heiligen Leiber kamen anläßlich der feierlichen Konsekration des Domes dahin, wie die in
Kopie erhaltene Weiheinschrift besagt.3)

:) Sein liturgisches Sepulcrum kann nicht wie jenes von Grado
oder Pola unter dem Altar gewesen sein, weil die Kryptadecke hätte
aufgebrochen werden müssen. Vielleicht war es ein Cypus, ähnlich wie
die in Parenzo, Ravenna, Torcello, Bagnacavallo gefundenen, oder

deren Vorbild. Vgl. Rohault de
Fleury, La Messe, Bd. i, Taf.
XXVII-XXXII. Vgl.LV, XLIII,
XLVIII, XLVIIf. und die kasten-
förmigen XXXIII und XLVI. Über
Grado und Pola Swoboda, Reli-
quiarien, S. 4 f. De Rossi, Cap-
sella argentea, S. 10, 26 ff.

2) Sehr merkwürdig sind die
vier aus der muldenförmigen
Vertiefung der Mensaoberfläche
(vgl. das nebenstehende Profil)
herausgearbeiteten Konsekra-
tionskreuze in den vier Ecken
dieser aus griechischem Marmor bestehenden Platte, die offenbar aus
klassischer Zeit stammt. Die Kreuze haben den Stil des 11., wenn
nicht den des 9. Jahrhunderts (Fig. 47 f.). Es sind fast durchgehends
gleicharmige Kreuze mit einer Balkenlänge von 5, 6 bis 8 cm, jedes
derselben mit einem zum Aufstecken bestimmten Fuße verbunden.
Bloß das südöstliche Kreuz hat Zierrinnen, die übrigen drei sind glatt,
jedoch, vom südwestlichen Kreuz beginnend, wird der Fuß von einem
Kreuz zum anderen immer länger. Durch das Loch im Plattenrande

Fig. 47

Fig. 46

floß das Waschwasser bei der ablutio altaris am Gründonnerstag ab.
Ebenso hat die Altarmensa in S. Elia bei Nepi nach De Waals Ver-
sicherung ringsumher einen erhöhten Rand.
Die dortige Basilika stammt nach Kaufmann,
St. Elia, S. 16 aus dem 11. oder 10. Jahrhun-
dert. Der erhöhte Rand auch auf dem Altar
von S. Vitale in Ravenna. Ähnliche Konse-
krationskreuze, bis auf das 5. Jahrhundert
zurückgehend, siehe bei Rohault de Fleury,
La Messe, Bd. I, Taf. XLVIII f., Text S. 127,
St. Marcell (Musee de St. Germain), im 7. Jahr-
hundert mehrfach: in Six Foures (Taf. LXXV),
Harn (Museum von Valognes), Taf. XLV,
Text S. 157, und im 9. Jahrhundert, 1. c, Ro-
ven, St. Gervais und Esquelmes in Belgien,
Text S. 205 f. Vom 6. Jahrhundert an kennen
wir zahlreiche Parallelen für die Verbindung
des Kreuzes mit einem Dorne oder kurzem
Stabe zum Tragen des Ganzen. Vgl. das be-
kannte Mosaik in S. Vitale in Ravenna, wo
Erzbischof Maximianus ein ähnliches Kreuz
hält, und sonstige Abbildungen bei Garrucci,
Storia, Taf. 430 (Kreuz des Kaisers Justinus), 418, 419, 448, 10-13,
449. 1, 456, 458.

3) Siehe dieselbe, S. 82. Im 14. Jahrhunderte wurden aber
die beiden heiligen Leiber nicht mehr in diesen Altären, sondern in

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Fig. 48

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