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Was tst des Deutschen Vaterland?
Jst's wo der Belt benetzt den Sand,
Wo längst der Däne ungeschreckt
Zwei deutsche Perlen eingesteckt?


Ein anderes

„Was ist des deutschen Vaterland?"


Jst's wo Lriest, die deutsche Stadt,

Des Harrens aus Erlösung satt
Und ungeduldig ob dem Spiel
Von Deutschland gerne lassen will?

Jst's wo der Elsaß, Deutschlands Sohn,
Dem Vaterlande längst entstohn,

Sich freuet selbst zu dieser Frist,

Daß er ein Stück von Frankreich ist?

Was ist des Deutschen Vaterland?

Jst's wo die Freiheit jüngst erstand,

Und immer mächtig noch der Arm
Vom Bureaucraten und Gendarm?

Jst's wo man in dem Monat Atärz
Betheuern hörte allerwärts
Durch Schwür' im allerhöchsten Lon,
Was im April vergessen schon?

Jst's wo die Fahne, schwarz-roth-aold,

Sich in den Lüften hehr entrollt,

Und fie verdunkelnd neben ihr
Des „Ländchens" sonderndes Panier?

Was ist des Deutschen Vaterland?

Wo man das Mährchen frech erfand:

Ein Acht — und — dreißiger — Verein
Könnt' einig, groß und mächtig sein?

Wo man der Freiheit hellem Tag
Nicht ganz in's Auge schauen mag,

Und wo man schon zu wachen meint,

Wenn man im Schlaf vom Wachen träumt?

Wo Einheit von den Lippen quillt,

Der Mund von Wahrheit überschwillt,

Das Herz Jehova ehret halb
Und nebenbei sein goldnes Kalb? —

Jst das des Deutschen Vaterland,

Was hier mein zürnend Lied genannt? —
Schaff Deutschlands Sohn, daß hoch und srei
Dein Vaterland ein andres sei!

Und leide nicht mehr Herrn und Knecht!

Und rvahre scharf das kleinste Recht!

Und dulde nicht die kleinste Schuld,

Denn ach! Dein Fluch ist die Geduld!

Und finge auch zu keiner Frist
Dein Deutschland anders als es ist;

Erst muß es ganz ein andres sein,

Dann stimm' zu seinem Lobe ein.

Erst werde Eine Nation,

Dann bist Du Deutschlands würd'ger Sohn;
Dann sing, zum Ausland hingewandt:

„Was ist des Deutschen Vaterland?"

Jst Deutschland erst Ein Kopf, ein Herz,
So ist's geachtet allerwärts,

Doch singst du stets den hohlen Ton,

Hallt dir zurück ein ew'ger Hohn!
 
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