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Volks - Catechismus.

Duchftabe: k'.

Fiscus.

Ein Mädchen, das mit ihrer gnäd'gen Frau vom Land'

gekommen,

Nm ihrer Refidenzstadt Glorie mit anzuseh'n,

Ward überall von ihrer guten Herrschaft mitgenommen,

Und durfte auch in fene Räume, wo der Schatz ist, geh'n. —
Die Kleine war entzückt, als fie die Pracht erschaute,

Des Goldes Glanz, der Diamanten farbenreiches Spiel,

Sie ward ganz stumm, weil sie den eig'nen Augen nicht

mehr traute,

Und wußte nickt zu sagen, was am meisten ihr gefiel. —
Als man den Saal verließ, da brach sie plötzlich dieses

Schweigen,

Nahm ganz geheimnißvoll den Diener bei der Hand, und spracb:
Jch bitte Sie mein Herr! uns auch den Fiscus jetzt zu

zeigen.

Den Fiscus? sagte dieser ganz mechanisch fragend nach.

Ja, ja, den Fiscus, welchem diese Schätze angehören,

Sprach fie gereizt, ich weiß es, unser Pfarrer hat's gesagt.
Der Diener war verplüfst, doch ließ er sich dadurch nicht

stören,

Und sagte ihr, nachdem er seitwärts laut gelacht,

Der Fiscus, liebes Kind, ist nicht wie Sie zu glauben scheinen,
Ein großer Herr, ein wohlgenährter reicher Mann,

Und auch kein hübsches Mädchen so wie Sie mit Fleisch und

Beinen,

Dem man mit Herzenslust in's Schelmenauge sehen kann,

Jst ein Gespenst, bestimmt, des Staates Eigenthum zu wahren,
Man fieht es selber nie, nur manchmal seiner Tritte Spur,
Bedroh'n jedoch ein Gut des Staates ernstliche Gefahren,
Dann zeigt es seine geisterartige Natur;

Denn nur mit unsichtbarer Hand pstegt es den Feind zu fassen.
Jm Streite stlbst ist ihm so mancher Vortheil eingeräumt,

Er zahlt nie Zinsen, darf sich aber solche zahlen lafsen,

Auch ist dafür gesorgt, daß er Termine nie versäumt. —
Doch ei n Recht ist es nur, um das die Mädchen ihn beneiden,
Es ist das Recht der ew'g en Minderjähri gke it.

Sie wären, das fatale Aelterwerden zu vermeiden,

Zu jedem Opfer sür dieß Recht des Fiscus gern bereit.

Der bekehrte Schreier.



d--.

- . ?

Naturgesetze selber
Verändern sich dieß Jahr:

Denn tafelfähig wurde,

Wer niemals Hofrath war.

Und auch der Bürger Schreier,

Ein wilder Kerl ohn' Orden,

Jst gleich von seinem Fürsten
Zu Hof gezogen worden.

Herr Schreier, der noch niemals
So Allerhöchst Poussirt,

War bei der ganzen Tafel
Verdutzet und blafirt.

Und jetzt empfand er erst so rechr
Den Werth von einem Orden,

Und seufzte still: „Ach wärst du doch
Ein Hofrath auch gewordenü"
 
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