Leuchtkugeln: Randzeichnungen zur Geschichte der Gegenwart (7.1851)

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Wir sind nicht russisch — und daß der alte Bun-
destag wieder hergestellt werde, ist cine Verläumdung. Wir
sollen einen gauz ueuen bekommen, cine zweite oerbes-
serte Auflage. Der alte Bundestag war so schlecht, daß
zur Vcrnichtung der Prefisreiheit, zur Einführung dcr Censur,
zur Herstellung einer hochlöblichcn Bundespolizei, zur Ver-
waudlung der Universitäten in Zwangarbeitshäuser und zur
Erschaffung eiuer Centraluntersuchungscoinmissioii gegen tie
Demagogen nachträglich A u s n a h m s g e se tz e gcmacht
werden mufiten ; die neue, vermehrte und verbesserte Auflage
dagegcn soll dieie und alle audern möglichen Ausnahmsbe-
stimmungen vou vorncherein in sich aufuehmen und daher —
vollkommen sein.

Hcrbei, meine Herren, herbei!

Peter Schnabel,

der IT a r i l ä t e n k r ä m e r.

Schnabel. Der spitzfindigc Diplomat aus. Herr
Hessenfluch ist cin Grundpfeiler des ueuen Bundes.
B e m. Jst dieser gut?

Schnabcl. Unübcrtrefflich! Doch Sic könnten mei-
ncm Uriheile nicht trauen, höreu Sie daher, was Zacha-
r i ä, einer der Weisen Gotha's, spricht:

„Der alte Bundestag istein l)son plns nltru
von ehrcufcster Gewiffenhaftigkeit und deutscher Gesinnung
gcgenüber dem neucn," diesem blaue Wunder wirkenden
Zauberer. Sein Gewand ist die Nacht, sein Zauber-
gürtel der moskovitische A b so l u t i s m u s und seine
Mütze ist zusammengeklebt aus blutgetränktem Makulatur
der R e i ch sv e r fa s su n g und einiger Constitutionen.
Er stehc auf Curhessen und auf Sachsen, erwürgt
in der einen Hand Mecklenburg, in der andern W ür-
temberg und balancirt S ch l e s w i g-H o l st ei n auf der
Nase. —

Herr F i n a n z m i n i st e r Hcsscntluch u n d der
alte Bem, als P a sch a von drei R o ß sch w ei fe n,
treten von v e r sch i e d e n e n Seiten aus.

Ah Herr General, das freut mich, Sie zu sehen! Was
führt denn Sie aus dcr Türkei zu uns?

B c m. Jch höre, daß zur Abwechslung hier bei Euch
die Völker auf einander schlagen und wo dergleichen los ist,
bin ich gerne.

S ch n a b e l. Bedanken Sie sicli bei diesein Herrn, der
half die Suppc einbrocken; Sie sehen hier der Hcssen
Fluch leibhaftig vor sich.

Bem. So also sieht der Spitz —

Haben Sie genug?

B e m. Und zu dicser Couleur gehört der Herr da?

Schn a b el. Er ist eincr der Vornchmsten im Rathe,
und seine Herren Collegen machcn stch eine Ehre daraus,
»ebcn ihm zu sitzcn.

Bcm Eine solche Wirthschaft ließen die Türken sich
schwerlich gesallen.

Schnabel. Jhr seid unverbesserliche Ungläubige; bei
uns Begnadeten aber werden die politischen Wunder
durch religiöse cingcleitet. Wir habcn nichi bloß da
und dort eine augcnvcrdrehende Mmtcr Gottes, sondern so-
gar der T e u s c l selbst wagt sich bereits offcn an das Ta-
geslicht. Es gehk jhm aber nicht immer am besten.

B e m. Das wäre der Teufel!

Schnabel. Ta crscbeiiit er z. B. jüngst einem ein-
flufireichen Dcmokrateii in Würtemberg, um diesen unter An-
drohung von Hungersnoth und Pcstilenz zu bewegen, cincm
„Gntgesiniitcii" die Stimmen der Gemeinde zuzuwenden.
Ehe sich der Nackbar von seinem Schrccken erholt, ist der
Tcusel verschwunden; allein draußen im Hosc springc ein
fürchterlichcr Kettenhund auf ihn los und der erschrockene
Teufel retirirt in seiner Noth mittels eincr Leiter auf das
Dach des Schweinstalles und da sitzt er nun, wie Sie sehen,
in eincr nicht bcneidenswerthen Lage.

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