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Lübke, Wilhelm
Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart — Leipzig, 1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.26748#0028

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Einleitung.

kirnst die praktische Aufgabe, allen Bedürfnissen des Lebens, sowohl einem
ausgebildeten staatlichen Dasein, als auch den mannigfachen Beziehungen des
Privatlebens in künstlerischer Weise gerecht zu werden. Erst in dieser allge-
meinen Ausdehnung ihrer Herrschaft wird sie zum vollkommenen Spiegelbilde
des gesammten Charakters einer Zeit.

DieEiemente An jedem Werke der Baukunst lassen sich die beiden Elemente des

der

Architektur.Praktisch-Nothwendigen und des Idealen, deren Vereinigung erst das Kunst-
werk ausmacht, nachweisen. Doch ist dies nur so zu verstehen, dass Beides
nicht getrennt für sich, sondern aufs Innigste verschmolzen auftritt. Der
reale Zweck ist es zunächst, der die Anordnung des Grundplanes bedingt.
Aber die harmonische Ausbildung desselben fällt schon der eigentlichen künst-
lerischen Thätigkeit anheim, um so mehr, da sie nicht ohne Rücksicht auf die
Art der Bedeckung der Räume durchgeführt werden kann. Auch die
Raumbedeckung ist für’s Erste ein Ergebniss praktischer Anforderungen, die
nach den Bedürfnissen der Gottes Verehrung, der Sitte des Volkes, der klima-
tischen Beschaffenheit des Landes und der Art des zu verwendenden Materiales
sich vielfach anders gestalten. Die Erfindung derjenigen Constructlon da-

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gegen, die am vollkommensten dem Zweck entspricht, ist bereits eine That
des baukünstlerischen Genius. Allein erst dadurch verleiht dieser seiner
Schöpfung die vollendende Weihe, dass er in einer schönen, klar verständ-
lichen Formensprache den Grundplan und die Construction vor Aller
Augen darlegt, dass er durch angemessene Gliederungen das Bauwerk als
einen lebendigen Organismus hinstellt, der selbst seine Ornamentik wie
durch ein Naturgesetz hervortreibt.
 
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