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Lübke, Wilhelm
Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart — Leipzig, 1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.26748#0086

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64

Erstes Buch.

Geschicht-

liche

Stellung.

Arcliitrav und ein dorischer Triglyphenfries mit RundschiMen in den Metopen,
drei über jedem Intercolumnium. Das ägyptische Kranzgesims in mächtiger
Ausladung bildet den Abschluss. Ueber demselben zieht sieh eine schmale
Plattform um den stark eingezogenen Oberbau, von wo eine Felsentreppe in
die Grabkammer hinab führte. Die Wände der Kammer waren ursprünglich,
wie die noch vorhandenen Nägel zu beweisen scheinen, mit Metallplatten be-
kleidet. Der Oberbau besteht aus einem quadratischen, mit einem Gesims ab-
geschlossenen Geschoss, über welchem sich ein zweites, ebenso bekröntes in
Cylinderform erhebt. Von diesem steigt, durch Vermittlung eines kleinen
Aufsatzes, die einwärts geschweifte Spitze auf, welche in eine tulpenartige
Blume ausläuft und dem Monument eine Gesammthöhe von 45 Fuss giebt.
Der Oberbau, der aus grossen Werkstücken ausgeführt ist, hat im Innern
nur wenig hohlen Raum.

Man hat etwas voreilig alle diese Denkmale dem höchsten jüdischen Alter-
tlmm zuweisen wollen.*) In dem zuerst besprochenen dieser beiden Grab-
mäler meinte man das Denkmal jenes Zacharias zu erkennen, welcher auf
Geheiss des Königs Joas (877 — 837 v. Chr.) gesteinigt wurde. Für das
Absalomdenkmal, welches in noch höhere Zeit hinaufreichen würde (c. 1020
v. Chr.), werden historische Zeugnisse beigebracht. Es heisst (II Sam. 18.18),
Absalom habe, um seinen Namen auf die Nachwelt zu bringen, sich bei Leb-
zeiten im Königsgrunde ein Denkmal aufgerichtet, welches noch vorhanden sei.
Auch Josephus (Ant. VII. 7. 3) kennt das Monument, das nach seiner Ver-
sicherung zwei Stadien von der Stadt entfernt war. Da diese Bestimmungen
bei dem in Rede stehenden Denkmal in der That zutreffen sollen, so ist es
schwer die Annahme als ganz unbegründet zurückzuweisen. Aber noch schwerer
wird es, den Charakter dieses Denkmals mit dem Zustande jüdischer Architek-
tur um 1000 v. Chr. in Uebereinstimmung zu bringen. Sehr bequem wäre es,
mit anderen Schriftstellern diese und ähnliche Monumente als uralte Vorläufer
hellenischer Kunst zu proklamiren, in welchen die Formen dorischer und
ionischer Architektur noch gemischt auftreten, die dann später erst von den
Griechen zu besonderen Ordnungen ausgebildet worden wären. Allein die
Juden waren in jener Frühzeit so wenig selbstthätig in der Architektur, dass
sie zu ihren bedeutenderen Unternehmungen phönizische Meister berufen
mussten. Was diese dann geschaffen, trat den Juden selbst als etwas so Un-
gewöhnliches entgegen, dass sie in ihren Beschreibungen keine bezeichnenden
Ausdrücke dafür finden und schon dadurch als architektonisch ungeschult sich
verrathen. Und dort sollten zu gleicher Zeit Denkmäler entstandenmsein,
welche die Formen griechischer Architektur in ausgeprägtem und schon nüch-
tern gewordenem Systeme handhaben? Man betrachte unbefangen die Gliede-
rungen, namentlich die Gesimsprofile, und man wird sie den griechischen des
3. und 2. Jahrhunderts v. Chr. entsprechend finden. Die Triglyphen und die
Schilde der Metopen haben die grösste Aelinlichkeit in der Behandlung mit
jenen am Sarkophag des L. Scipio Barbatus, der um 250 v. Chr. gearbeitet
wurde und auch die Mischung des ionischen Zahnschnittes mit dorischem Friese
aufweist. Die Gräber der Könige, welche in ihrem Triglyphenfriese denselben
Charakter zeigen, jedoch ein stärkeres einheimisches Element der Dekoration
damit verbinden, haben wir oben als ein um das Jahr 50 nach Chr. entstan-
denes Werk hingestellt. Die Gräber der Maccabäer, welche um die Mitte des

*) So namentlich de Saulcy, dem sich Jul. Braun, Gesch. d. Kunst I. S. 396 ff. angeschlossen hat. Auch
Semper in seinem geistvollen Buche „der Styl“ ist nicht abgeneigt, dieser Ansicht beizutreten.
 
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