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Lübke, Wilhelm
Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart — Leipzig, 1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.26748#0286

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264

Viertes Buch.

Verschie-
dene Grum
plane.

Construc-

tion.

welcher sich eine weitere Entwicklung hätte anspinnen können, nicht die Rede
ist. Die Grundbedingungen, aus denen die Moschee sich auf baut, sind ein
grosser Hof für die vor der Andacht vorzunehmenden Waschungen, und eine
Halle (Mihrab) für die Verrichtung der Gebete. In welcher Lage, in welchem
Verhältniss diese Theile zu einander stehen sollen, darüber gibt es keine feste
Regel. Nur die eine Vorschrift ist bindend, dass der betende Gläubige sich
nach Mekka zu wenden hat, wesshalb eine kleinere Halle (Kiblah) zur Be-
zeichnung dieser Richtung angeordnet ist. In dem Gebäude muss sodann ein
besonderer Ort ausgezeichnet werden, wo der Koran auf bewahrt wird; ferner
ist eine Kanzel (Mimbar) nothwendig, von welcher herab die Priester zu den
Gläubigen reden. Als dritten wesentlichen Theil verlangt die Moschee einen
schlanken Thurm (Minaret), von welchem der Muezzin die Stunden des
Gebets verkündigt.

So mannichfaltig die Art und Weise ist, in welcher diesen Forderungen
"genügt wird, so lassen sich die Moscheen doch auf zwei Grundformen zu-
rückführen. Die eine besteht aus einem länglich viereckigen Hofe, der auf
allen Seiten von bedeckten Säulengängen umgeben und durch hohe Mauern
von der Aussenwelt abgesondert wird. Nach der einen Seite, wo die Halle
des Gebets und das Heiligthum mit dem Koran liegen, pflegen vermehrte Säulen-
stellungen dem Gebäude eine grössere Tiefe zu geben. Doch sind die dadurch
entstehenden, mit flacher Decke versehenen einzelnen Schiffe sämmtlieh von
gleicher Höhe, unterscheiden sich also wesentlich von dem Charakter der alt-
christlichen Basiliken. In dem freien Hofe befindet sich ein durch einen kuppel-
artigen Bau überdeckter Brunnen für die heiligen Waschungen. Auch der
Kern des Gebäudes wird, namentlich um die Stelle dqs Heiligthums oder das
oft mit den Moscheen verbundene Grabmal des Erbauers zu bezeichnen,
mit einzelnen Kuppeln bedeckt. Dazu kommt endlich ein oder mehrere, eben
so willkürlich angebrachte Minarets, welche mit ihren feinen Spitzen sich un-
vermittelt aus der breit hingelagerten Masse der übrigen Theile sammt ihren
schwerfälligen Kuppeln erheben. Die ganze Anlage hat also weder wie in den
byzantinischen Kirchen einen Mittelpunkt, noch entwickelt sie sich in der
Richtung nach einem Zielpunkte wie die Basiliken. Auch dadurch, dass die
Halle des Gebets manchmal als ein besonderer Bau von beträchtlicherer Aus-
dehnung angefügt wird, erhält dieser einer organischen Entwicklung un-
fähige Grundplan keinerlei höhere Durchbildung. — Etwas anders verhält es
sich mit der zweiten Grundform, welche sich offenbar, zumal da sie in den
östlicheren Gegenden des Islam überwiegt, an byzantinische Vorbilder an-
lehnt, Hier ist die Masse des Gebäudes stets als ein wirklich organischer
Körper behandelt, dessen Haupttheil durch eine Kuppelbedeckung bedeutsam
hervorgehoben wird. Die Nebenräume, von denen sich die vorzüglich betonten
bisweilen in einer dem griechischen Kreuz verwandten Anlage gestalten, pflegen
ebenfalls gewölbt zu sein, und selbst der auch hier nicht fehlende Vorhof mit
seinen Portiken zeigt eine aus kleinen Kuppeln gebildete Ueberdeckung. Auch
hier werden mehrere, oft vier, ja sechs Minarets dem Aeussereif als besondere
Zierde hinzugefügt. Aber auch bei dieser Grundform kommt es nicht zu einer
consequenten, organischen Ausbildung, und das Gewirre der mancherlei ver-
schiedenartigen Räumlichkeiten erinnert meistens an die regellose Anlage in-
discher Grottentempel.

So wenig wie die Grundlage, bietet die Construction dieser Gebäude
einen Fortschritt dar. Sie bleiben in dieser Hinsicht auf dem Standpunkte
 
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