Zweites Kapitel Romanischer Styl.
Gebweiler wieder, wo der Wechsel stärkerer und schwächerer Pfeiler be- Gebweiler
sonders reich und klar durchgebildet auftritt und an Arkaden wie Gewölben der
Spitzbogen zur vollen Herrschaft gelangt. Den hier fehlenden Chor, der einem
gothischen Bau hat weichen müssen, wie denn auch zwei gothische Seiten-
schiffe noch angebaut wurden, kann man sich von der Kirche des benachbarten
Pfaffenheim, wo dieser Theil allein verschont blieb, zur Ergänzung hinzu- pfaffon-
fiigen (Fig. 295). Die polygone Apsis mit Bogenfriesen und einer Galerie von heim-
Blendsäulen spricht den spätromanischen Styl besonders zierlich und elegant
aus. Der gleichen Entwicklungsepoche gehören sodann die östlichen Theile des
Münsters zu Strassburg*) und der Stephanskirche daselbst, in deren An- Strassburg,
läge — die Apsiden stossen unmittelbar an das Querschiff — eine primitive
altchristliche Auffassung nachklingt. Aus dem vollen Uebergangsstyl in die
strenge frühgothische Bauweise wächst sodann dieser Styl in der Peter-
und Paulskirche zu Neuweiler, einem merkwürdigen Bau von fast seit- Neuweiler.,
samer überströmender Energie der Gliederbildung und Ornamentik, die, von
den östlichen nach den westlichen Theilen fortschreitend, in das Frühgothische
allmählich übergeht. Ein schlichterer Bau der Uebergangszeit ist endlich eben-
dort die protestantische Pfarrkirche, die auf dem Querschift' wieder den
im Eisass so beliebten Thurm, aber diesmal viereckig und an der Fa§ade zwei
runde Treppenthürme aufweist. Das Innere mit seinen spitzbogigen Arkaden
ist äusserst roh und derb in den Formen, eng und schwer in den Verhältnissen.
Tritt uns somit am ganzen Laufe des Rheines eine rege architektonische
Entwicklung entgegen, so halten die altbairischen Lande**) gleich den Bauten in
schwäbischen in einer gewissen Zähigkeit lange Zeit an den einfachsten Formen, Baicrn-
wie die flachgedeckte Pfeilerbasilika sie mit sich brachte, fest. Erst spät und
dann noch vereinzelt kommt man hier zu einer Aufnahme des Gewölbebaues.
Für die romanische Frühzeit enthält Regensburg***) eine Anzahl wichtiger Regensburg.
Denkmale, denen im Laufe des 11. Jahrh. ein streng klassisches, antikisirendes
Gepräge anhaftet. Eine schlichte, flachgedeckte Basilika mit fünf Pfeilerpaaren
einfachster Form, mit Doppelchören und westlichem Kreuzschiff, so wie einem
isolirt stehenden Thurme ist die Stiftskirche Obermünster, deren Anlage
noch vom J. 1010 stammt. Verwandte Planform, aber in grossartigeren Ver-
hältnissen mit einem gegen 40 Firns breiten Mittelschiff kehren an der Abtei-
kirche S. Emmeram wieder. Es ist eine Pfeilerbasilika mit zwei Chören und
Krypten; der Ostchor endet in drei Apsiden, der rechtwinklig schliessende
Westchor leitet ein weites Querschiff ein. Ist das Schiff einem zopfigen Umbau
erlegen, so zeigen die westlichen Theile noch die Spuren des 11. Jahrhunderts.
Namentlich gilt dies von dem an der Nordseite des Querhauses anstossenden
Doppelportal, welches inschriftlich bald nach 1049 entstanden sein muss.
Aber auch der Querbau selbst und mehr noch die westliche Krypta mit ihren
Wandnischen und Säulen verrathen den Styl jener Zeit. Im 12. Jahrh. wurde
dann die grossartige nördliche Vorhalle in derbem Pfeilerbau angefügt, an
diese dann im 13. Jahrh. eine reiche Portalanlage. — Kleinere Gebäude jener
Frühzeit sind die Krypta des heil. Erhard und der originelle Gewölbebau
der Stephanskapelle beim Dom, des sogenannten „alten Domes“. Dem
12. Jahrh. gehört dagegen die Allerheiligenkapelle beim Dom, ein in
*) Eingehende Darstellung des bau geschichtlichen Verhältnisses dieser Theile in meinem Aufsatz
„Zwei deutsche Münster“ in Westermann’s Monatsheften. 1862.
**) Sighardt, die mittelalt. Kunst in der Erzdiözese München-Freising. 8. Freising 1855. Derselbe,
Gesch. d. bild. Künste im Königr. Bayern. 8. München 1862.
***) F. v. Quast’s Aufsatz im D. Kunstbl. von F. Eggers 1852.
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Gebweiler wieder, wo der Wechsel stärkerer und schwächerer Pfeiler be- Gebweiler
sonders reich und klar durchgebildet auftritt und an Arkaden wie Gewölben der
Spitzbogen zur vollen Herrschaft gelangt. Den hier fehlenden Chor, der einem
gothischen Bau hat weichen müssen, wie denn auch zwei gothische Seiten-
schiffe noch angebaut wurden, kann man sich von der Kirche des benachbarten
Pfaffenheim, wo dieser Theil allein verschont blieb, zur Ergänzung hinzu- pfaffon-
fiigen (Fig. 295). Die polygone Apsis mit Bogenfriesen und einer Galerie von heim-
Blendsäulen spricht den spätromanischen Styl besonders zierlich und elegant
aus. Der gleichen Entwicklungsepoche gehören sodann die östlichen Theile des
Münsters zu Strassburg*) und der Stephanskirche daselbst, in deren An- Strassburg,
läge — die Apsiden stossen unmittelbar an das Querschiff — eine primitive
altchristliche Auffassung nachklingt. Aus dem vollen Uebergangsstyl in die
strenge frühgothische Bauweise wächst sodann dieser Styl in der Peter-
und Paulskirche zu Neuweiler, einem merkwürdigen Bau von fast seit- Neuweiler.,
samer überströmender Energie der Gliederbildung und Ornamentik, die, von
den östlichen nach den westlichen Theilen fortschreitend, in das Frühgothische
allmählich übergeht. Ein schlichterer Bau der Uebergangszeit ist endlich eben-
dort die protestantische Pfarrkirche, die auf dem Querschift' wieder den
im Eisass so beliebten Thurm, aber diesmal viereckig und an der Fa§ade zwei
runde Treppenthürme aufweist. Das Innere mit seinen spitzbogigen Arkaden
ist äusserst roh und derb in den Formen, eng und schwer in den Verhältnissen.
Tritt uns somit am ganzen Laufe des Rheines eine rege architektonische
Entwicklung entgegen, so halten die altbairischen Lande**) gleich den Bauten in
schwäbischen in einer gewissen Zähigkeit lange Zeit an den einfachsten Formen, Baicrn-
wie die flachgedeckte Pfeilerbasilika sie mit sich brachte, fest. Erst spät und
dann noch vereinzelt kommt man hier zu einer Aufnahme des Gewölbebaues.
Für die romanische Frühzeit enthält Regensburg***) eine Anzahl wichtiger Regensburg.
Denkmale, denen im Laufe des 11. Jahrh. ein streng klassisches, antikisirendes
Gepräge anhaftet. Eine schlichte, flachgedeckte Basilika mit fünf Pfeilerpaaren
einfachster Form, mit Doppelchören und westlichem Kreuzschiff, so wie einem
isolirt stehenden Thurme ist die Stiftskirche Obermünster, deren Anlage
noch vom J. 1010 stammt. Verwandte Planform, aber in grossartigeren Ver-
hältnissen mit einem gegen 40 Firns breiten Mittelschiff kehren an der Abtei-
kirche S. Emmeram wieder. Es ist eine Pfeilerbasilika mit zwei Chören und
Krypten; der Ostchor endet in drei Apsiden, der rechtwinklig schliessende
Westchor leitet ein weites Querschiff ein. Ist das Schiff einem zopfigen Umbau
erlegen, so zeigen die westlichen Theile noch die Spuren des 11. Jahrhunderts.
Namentlich gilt dies von dem an der Nordseite des Querhauses anstossenden
Doppelportal, welches inschriftlich bald nach 1049 entstanden sein muss.
Aber auch der Querbau selbst und mehr noch die westliche Krypta mit ihren
Wandnischen und Säulen verrathen den Styl jener Zeit. Im 12. Jahrh. wurde
dann die grossartige nördliche Vorhalle in derbem Pfeilerbau angefügt, an
diese dann im 13. Jahrh. eine reiche Portalanlage. — Kleinere Gebäude jener
Frühzeit sind die Krypta des heil. Erhard und der originelle Gewölbebau
der Stephanskapelle beim Dom, des sogenannten „alten Domes“. Dem
12. Jahrh. gehört dagegen die Allerheiligenkapelle beim Dom, ein in
*) Eingehende Darstellung des bau geschichtlichen Verhältnisses dieser Theile in meinem Aufsatz
„Zwei deutsche Münster“ in Westermann’s Monatsheften. 1862.
**) Sighardt, die mittelalt. Kunst in der Erzdiözese München-Freising. 8. Freising 1855. Derselbe,
Gesch. d. bild. Künste im Königr. Bayern. 8. München 1862.
***) F. v. Quast’s Aufsatz im D. Kunstbl. von F. Eggers 1852.
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