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Lübke, Wilhelm
Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart — Leipzig, 1865

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https://doi.org/10.11588/diglit.26748#0462

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440

Fünftes Buch.

Caen.

Fig. 343.

Abteik. von Der Hanptsitz dieses Styls ist die Normandie. Zu den älteren Anlagen
jumieges. Zählt man die Abteikirche von Jumieges, in deren stattlichen Ruinen man
die Reste des 1067 geweihten Baues zu erkennen glaubt, und S. Georg zu
s. GeorgzuBocherville, zu Wilhelm des Eroberers Zeit erbaut, von rohem, primitiven
Bocherviiie.Qharakter. Dem entwickelten Styl gehören die im J. 1066 von jenem Fürsten
und dessen Gemahlin gegründeten beiden Abteikirchen zu Caen, S. Etienne
Kirchen zu und S. Trinite, deren Bau wahrscheinlich bis zum Beginn des 12. Jahrh.
reicht. Von trefflichem Material sorgfältig aufgeführt, geben sie nur durch
ihren einfachen, strengen Styl den Eindruck hohen Alters. Unter Fig. 343
theilen wir den Grundriss von S. Etienne, vor der Umgestaltung des Chors,
als Beispiel einer klar gegliederten Anlage der gewölbten Basilika mit. Die
reichste Ausbildung, besonders eine ungemein prächtige Ornamentation, zeigen

die unteren, aus dem 12. Jahrh. rührenden Theile
der Kathedrale zu Bayeux, deren Chor aus früh-
gothischer Zeit stammt, während das Oberschiff
erst dem 14. Jahrh. angehört.

Die übrigen nordfranzösischen Gegenden,
namentlich die östlichen, schliessen sich im Wesent-
lichen mit den wenigen aus jener Epoche erhal-
tenen Bauresten dem Styl der Normandie an,
ohne jedoch ihn in seiner ganzen Consequenz zu
entwickeln, vielmehr mit mancherlei südfran-
zösischen Anklängen vermischt. In der Bretagne
ist unter den einfachen und rohen Denkmalen als
sehr eigentümliches Werk die Kirche S. Croix zu
Qu imperle zu nennen, ein schwerfällig massen-
hafter Rundbau, dessen Umgänge sich um einen vier-
eckigen, auf vier plumpen Pfeilerkolossen auf-
ragenden, mit einem Kreuzgewölbe bedeckten
Mittelraum hinziehen. Ein lang vorgestreckter
einschiffiger Chor mit einer Krypta legt sich
östlich, ein kürzerer Querarm südlich an; ein
ähnlicher, aber ohne Apsis enthält gen Westen
einen Eingang. Die Anlage scheint ursprüng-
lich auf eine vollständige Kreuzform beabsichtigt

st. Etienne zu Caen. gewesen ZU Sein.

Grundriss der ursprünglichen Anlage.

d. Spanien und Portugal.

aiens ,,e_ Später als in den meisten übrigen Ländern beginnt in Spanien die christ-
schiohtuchesliche Kunst des Mittelalters. Zwar hatte während der Herrschaft der Gothen
\eihaitmss.^.4^7—7^ yer (-pe Architektur zahlreiche Werke hervorgebracht, die

ohne Zweifel den Charakter der gesammten altchristlichen Kunst und das
Formgepräge des späten barbarisirten Römerstyles trugen. Aber von diesen
frühen Denkmalen ist allem Anscheine nach nichts Nennenswerthes übrig ge-
blieben. Als sodann die Macht der Mauren das Land bis zu seinen nördlichen
Gebirgsdistrikten unterjochte, blühte unter den neuen Herrschern jene eigen-
thümliche, durch Anmuth und Feinheit ausgezeichnete Kunstweise empor,
deren Hauptwerke wir oben (S. 274 ff) geschildert haben. Wenn hier die Mo-
hamedaner auch duldsam gegen ihre christlichen Unterthanen waren, und sie
 
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