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PARADIESISCHE BAUME

Das Paradies, der Ort der Seligkeit gehört den Göttern. Die wichtigsten Bestandteile des
Paradieses sind Bäume, von denen meist eine Art oder ein einzelner Baum besonders er-
wähnt wird. So heißt es in einem babylonischen Zaubergesang von dem Baum Kiskanu,
daß er Ruhestätte der Göttin Bau ist, der Göttin des Ackerbaues und des Überflusses; hier
lustwandelt auch Ea, der Gott der Weisheit. Dadurch zeigt sich dieser Baum unter dem
Aspekt des Lebens wie auch unter dem der Erkenntnis. Wörtlich heißt es:

In Eridu ist ein schwarzer Kiskanugewachsen, an einem heiligen Ortist er erschaffen worden;
Sein Glanz ist wie von strahlendem Lapislazuli, er breitet sich gegen den Apsu.

Dasist der Platz, wo Ea lustwandelt iin üppigen Eridu, sein Wohnsilz ist ein Ruheplazz für Bau.

Der paradiesische Baum ist dic Wohnstätte der Gottheit. In Pyramidentexten ist die Rede
"von jener hohen Sykomore, auf der die Götter sitzen". Altägyptische Darstellungen zei-
gen die Himmelsgöttin Nut als Baumgöttin mit einer Sonnenscheibe. Auch andere Baum-

göttinnen kannte das Pharaonenreich: ihr Körper ist im Geäst des Baumes verborgen, aber
ein Arm ragt heraus und gießt aus einem Gefäß das lebenspendende Naß in die Schale des
gläubig Harrenden. Die bei den Jakuten als "Großmutter" der Menschen und Tiere verehrte
Göttin Kubai-Khotum wohnt in dem Lebensbaum (96). Der heilige Baum als WohnortGot-
tes und damit als Angelpunkt der Welt findet sich auch im christlichen Glauben; in dich-
terischer Form hat Konrad Weiß diesem Glauben mit inniger Schlichtheit gültigen Aus-
druck verliehen:

Immer steht der Baum in Mitt und Enden,

Vögel singen, und in Gottes Lenden

ruht der Kreis der Schöpfung selig aus". (In Exitu)
 
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