115
des Herrn in einem Kelch auffangende Adam am unteren Kreuzende ist nicht sel-
ten; Beispiel : Altargruppe zu Wechselburg in Sachsen aus dem Anfang des 14. Jahr-
hunderts. Das Kreuz ist der heilsgeschichtliche Ausdruck des Lebensbaumes. Vom hei-
ligen Franziskus wird berichtet, daß er den Bruder, der für das Brennholz sorgte, bat, beim
Fällen eines Baumes immer einen Teil unversehrt zu lassen, weil Christus am Holz des
Kreuzes sich für die Menschheit geopfert hat. So wurde in der mittelaiterlichen Kunst das
dürre Kreuzesholz als lignum vitae, als Holz des Lebens, dargestellt, teilweise in abge-
wandelter Form als Weinstock, Rosenstrauch oder gar Lilie. FUr letzteres bieten wir ein
Beispiel aus dem alchemistischen Werk "Buch von der Heiligen Dreifaltigkeit" (um 1440)
(MUnchen, Staatsbibliothek). Die Marienblume wird hier zum Passionskreuz; nachHart-
laub ist die blaue, fünfteiiige Lilie ein Sinnbild der von den Alchemisten gesuchten Quint-
essenz (165). Wenn die Kreuzenden und die Kreuzmitte mit zusammen fünf roten Rosen
geschmückt sind, wie in der byzantinischen und teilweise gotischen Kunst, so weisen diese
auf die Wunden Christi hin.
Das abendländische Mittelalter hat das Kreuz nicht nur als rohes Balkengestell gemalt,
sondern verschiedentlich als grünen Palmstamm; hier ist auch die grüne Kreuzfarbe eines
gotischen Missale aus dem Bodenseegebiet anzuführen (Karlsruhe, Badische Landesbiblio-
thek, Ms. St. Peter, perg. 46). Der am Kreuz Hängende ist die Frucht des Lebens. Die
Franziskanerkirche zu Enkirch Uber der Mosel hat ein gotisches Sakramentshäuschen, das
die Form eines stilisierten Baumes hat, dieser trägt das Tabernakel. Die Vorstellungvom
Kreuz als Baum findet sich bereits in einer Textstelle aus dem sechsten Jahrhundert von
Bischof Venantius Fortunatus von Poitiers:
des Herrn in einem Kelch auffangende Adam am unteren Kreuzende ist nicht sel-
ten; Beispiel : Altargruppe zu Wechselburg in Sachsen aus dem Anfang des 14. Jahr-
hunderts. Das Kreuz ist der heilsgeschichtliche Ausdruck des Lebensbaumes. Vom hei-
ligen Franziskus wird berichtet, daß er den Bruder, der für das Brennholz sorgte, bat, beim
Fällen eines Baumes immer einen Teil unversehrt zu lassen, weil Christus am Holz des
Kreuzes sich für die Menschheit geopfert hat. So wurde in der mittelaiterlichen Kunst das
dürre Kreuzesholz als lignum vitae, als Holz des Lebens, dargestellt, teilweise in abge-
wandelter Form als Weinstock, Rosenstrauch oder gar Lilie. FUr letzteres bieten wir ein
Beispiel aus dem alchemistischen Werk "Buch von der Heiligen Dreifaltigkeit" (um 1440)
(MUnchen, Staatsbibliothek). Die Marienblume wird hier zum Passionskreuz; nachHart-
laub ist die blaue, fünfteiiige Lilie ein Sinnbild der von den Alchemisten gesuchten Quint-
essenz (165). Wenn die Kreuzenden und die Kreuzmitte mit zusammen fünf roten Rosen
geschmückt sind, wie in der byzantinischen und teilweise gotischen Kunst, so weisen diese
auf die Wunden Christi hin.
Das abendländische Mittelalter hat das Kreuz nicht nur als rohes Balkengestell gemalt,
sondern verschiedentlich als grünen Palmstamm; hier ist auch die grüne Kreuzfarbe eines
gotischen Missale aus dem Bodenseegebiet anzuführen (Karlsruhe, Badische Landesbiblio-
thek, Ms. St. Peter, perg. 46). Der am Kreuz Hängende ist die Frucht des Lebens. Die
Franziskanerkirche zu Enkirch Uber der Mosel hat ein gotisches Sakramentshäuschen, das
die Form eines stilisierten Baumes hat, dieser trägt das Tabernakel. Die Vorstellungvom
Kreuz als Baum findet sich bereits in einer Textstelle aus dem sechsten Jahrhundert von
Bischof Venantius Fortunatus von Poitiers: