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Christian Schmidt-Häuer
Abb. 1 August Reckweg, der Finder der Moorleiche an der Torfstechmaschine (Foto Hoffbauer)
alten Akten im Kopf. Der erfahrene Profi, der ein
abgründig-ironisches Lächeln aufsetzen kann wie
der Schauspieler Lee van Cleef, kombiniert. Aus
dem Raum des Uchter Moores stammte ein junges
Mädchen, das eines Nachts vor dreißig Jahren in
Nienburg verschwand und nie wieder auftauchte.
Die Vermisstenakte ist längst in Vergessenheit
geraten. Der Kommissar holt von der Gerichtsme-
dizin in Hamburg erste Erkenntnisse über die
Moorleiche ein. In seinem Bericht vom 6. Oktober
2000 macht Lange die Verbindung zwischen dem
Fund und dem verschwundenen Mädchen amt-
lich: Da es sich nach der ersten Untersuchung „bei
der aufgefundenen Person bzw. deren Knochen-
resten um die verbliebenen sterblichen Überreste
einer jungen Frau im Höchstalter von 19 Jahren
handeln könnte.. wurde hier festgestellt, dass seit
dem 14. 12. 1969 die ELKE KERLL; geb. 31. 01.
1954 in Wellie, zuletzt gemeldet in Stolzenau,...
aufhältig im Schülerheim Kostendiek, Loccum,...
vermisst wird.“
Am 9. November 2000 erhält die Nienburger
Kripo den Untersuchungsbericht aus Hamburg,
Absender Professor Dr. Klaus Püschel, Direktor
des Instituts für Rechtsmedizin, und Oberärztin
Professor Dr. med. Ute Lockemann. „Betr. Moor-
leiche“ teilen sie mit: „Unvollständiges Skelett.
Beide Hände fehlen komplett. Vorhanden sind
folgende Knochen.. .Altersbestimmung: ca. 16 bis
19 Jahre (gemäß zahnärztlicher Untersuchung
ca. 18 bis 21 Jahre). Körpergröße: mindestens 146
plusminus 4,03 cm...An den vorhandenen Zäh-
nen keine Zahnarbeiten...An den vorhandenen
Knochen befinden sich keine Verletzungen...
DNA-Bestimmung gelang durch die fortgeschrit-
tene Protein-Denaturierung u. a. durch die
Huminsäure im Boden nicht...“. Die Hamburger
empfehlen eine umfangreichere DNA-Untersu-
chung in der Universität Göttingen - und bekräf-
tigen den Verdacht des Kommissars: „Möglicher-
weise könnte es sich um die seit vielen Jahren
vermisste Leiche eines abgängigen (damals) 16-
jährigen Mädchens handeln.“
jjc
Der 13. Dezember 1969 ist ein Samstag. Aus der
„Schauburg“ dröhnen heiße Rhythmen in die
vorweihnachtliche Kälte. Der ehemalige Kino-
schuppen in den Parkanlagen der Stadt Nien-
burg/Weser ist der musikalische Hammer im
Landkreis und der erste Kreis der Hölle für die
umwohnende ältere Generation. Es wird 20.30
Uhr. Die 17-jährige Regine Schäfer und ihre fast
16-jährige Freundin Elke Kerll schieben sich in
die randvolle Disko. Elke ist per Anhalter aus
Loccum gekommen. Beide verlockt es immer wie-
der, am Wochenende durch den Kreis Nienburg
Christian Schmidt-Häuer
Abb. 1 August Reckweg, der Finder der Moorleiche an der Torfstechmaschine (Foto Hoffbauer)
alten Akten im Kopf. Der erfahrene Profi, der ein
abgründig-ironisches Lächeln aufsetzen kann wie
der Schauspieler Lee van Cleef, kombiniert. Aus
dem Raum des Uchter Moores stammte ein junges
Mädchen, das eines Nachts vor dreißig Jahren in
Nienburg verschwand und nie wieder auftauchte.
Die Vermisstenakte ist längst in Vergessenheit
geraten. Der Kommissar holt von der Gerichtsme-
dizin in Hamburg erste Erkenntnisse über die
Moorleiche ein. In seinem Bericht vom 6. Oktober
2000 macht Lange die Verbindung zwischen dem
Fund und dem verschwundenen Mädchen amt-
lich: Da es sich nach der ersten Untersuchung „bei
der aufgefundenen Person bzw. deren Knochen-
resten um die verbliebenen sterblichen Überreste
einer jungen Frau im Höchstalter von 19 Jahren
handeln könnte.. wurde hier festgestellt, dass seit
dem 14. 12. 1969 die ELKE KERLL; geb. 31. 01.
1954 in Wellie, zuletzt gemeldet in Stolzenau,...
aufhältig im Schülerheim Kostendiek, Loccum,...
vermisst wird.“
Am 9. November 2000 erhält die Nienburger
Kripo den Untersuchungsbericht aus Hamburg,
Absender Professor Dr. Klaus Püschel, Direktor
des Instituts für Rechtsmedizin, und Oberärztin
Professor Dr. med. Ute Lockemann. „Betr. Moor-
leiche“ teilen sie mit: „Unvollständiges Skelett.
Beide Hände fehlen komplett. Vorhanden sind
folgende Knochen.. .Altersbestimmung: ca. 16 bis
19 Jahre (gemäß zahnärztlicher Untersuchung
ca. 18 bis 21 Jahre). Körpergröße: mindestens 146
plusminus 4,03 cm...An den vorhandenen Zäh-
nen keine Zahnarbeiten...An den vorhandenen
Knochen befinden sich keine Verletzungen...
DNA-Bestimmung gelang durch die fortgeschrit-
tene Protein-Denaturierung u. a. durch die
Huminsäure im Boden nicht...“. Die Hamburger
empfehlen eine umfangreichere DNA-Untersu-
chung in der Universität Göttingen - und bekräf-
tigen den Verdacht des Kommissars: „Möglicher-
weise könnte es sich um die seit vielen Jahren
vermisste Leiche eines abgängigen (damals) 16-
jährigen Mädchens handeln.“
jjc
Der 13. Dezember 1969 ist ein Samstag. Aus der
„Schauburg“ dröhnen heiße Rhythmen in die
vorweihnachtliche Kälte. Der ehemalige Kino-
schuppen in den Parkanlagen der Stadt Nien-
burg/Weser ist der musikalische Hammer im
Landkreis und der erste Kreis der Hölle für die
umwohnende ältere Generation. Es wird 20.30
Uhr. Die 17-jährige Regine Schäfer und ihre fast
16-jährige Freundin Elke Kerll schieben sich in
die randvolle Disko. Elke ist per Anhalter aus
Loccum gekommen. Beide verlockt es immer wie-
der, am Wochenende durch den Kreis Nienburg