Issendorf, den sich Mushard wohl zum bevorzugten Forschungsobjekt ausgewählt hatte.
Jedenfalls verdanken wir Mushard nicht nur die Kenntnis des sächsischen Urnenfried-
hofes, sondern auch das Wissen um das Großsteingrab, das sozusagen den Mittelpunkt des
altsächsischen Begräbnisplatzes gebildet hat. Daß Urnenfriedhöfe um Großsteingräber ange-
legt werden, ist im Gebiet zwischen Niederelbe und unterer Weser keineswegs ein Einzel-
fall37. In Issendorf hat Martin Mushard noch größere Teile des Großsteingrabes in situ vor
Augen gehabt. Zwar wurde das Grab auch bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhs. ge-
öffnet, aber seine Steine lagen damals noch einigermaßen in der alten Ordnung. In einer
Skizze überliefert uns Mushard Aussehen und Lage dieses Großsteingrabes38. Obgleich
eine Deutung als Ganggrab nicht ausgeschlossen werden kann, scheint die Skizze Mus-
hards doch mehr auf den in diesem Raum weitverbreiteten Typus des Hünenbettes zuzu-
treffen.
Mit Sicherheit geht aus der Skizze Mushards hervor, daß der sächsische Urnenfriedhof
von Issendorf sich nördlich und westlich um das Großsteingrab herum erstreckte. Mushard
verzeichnet insgesamt 41 Urnen, die er um das Großsteingrab herum gehoben hat. Diese
Anzahl erscheint angesichts des auf seinen Abbildungen vorgelegten archäologischen Mate-
rials durchaus als realistischer Wert. Allerdings muß er durch systematische Suche oder
durch Zufall besonders beigabenreiche Urnen angetroffen haben, denn die Zahl und Art
der Beigaben, die Mushard gehoben hat, übertrifft durchaus das, was während der Grabun-
gen 1967 und 1969 an Beigaben geborgen werden konnte. Besonders hinsichtlich der Qua-
lität der Beigaben machen die in den modernen Grabungen geborgenen Urnen fast einen
ärmlichen Eindruck. Sollte Mushard doch wesentlich mehr Urnen geborgen haben, als er
auf seinem Gesamtplan angibt? Wir können diese Frage heute nachträglich nicht mehr mit
Sicherheit beantworten. Während der Grabungen 1967 und 1969 wurden jedenfalls an vie-
len Stellen die Eingrabungen und Gruben Mushards vorgefunden. Sie zeigten sich sowohl
in den Grabungsflächen (Taf. 74, 1) als auch in den Profilen (Taf. 77, 1.2.).
Wir dürfen also Pastor Martin Mushard für den Entdecker des Großsteingrabes und
des sächsischen Urnenfriedhofes von Issendorf halten. Im Unterschied zu manchem Samm-
ler von archäologischen und kunsthistorischen Gegenständen in der heutigen Zeit erreicht
seine Darstellung der Forschungsergebnisse, die er erzielte, einen beachtenswerten Stand
an Präzision und Sachlichkeit. Seine Zeichnungen von Urnen und Beigaben erlauben uns
noch heute, uns über Art und Alter der von ihm geborgenen Funde ein gutes Bild zu ma-
chen. Vor allem gelang es Mushard, eine Reihe von Gegenständen zu bergen, die im Fund-
material der neuen Ausgrabungen vorläufig noch keine Parallelen gefunden haben, bei-
spielsweise Bruchstücke von gleicharmigen Fibeln. So können die von Mushard geborge-
nen Funde heute mit Gewinn zur Datierung der Belegungszeit des Issendorfer Urnenfried-
hofes herangezogen werden, und die Forschung muß sich bei der Untersuchung dieses
Fundplatzes mit auf seine Ergebnisse stützen.
37 Zahlreiche Fälle, in denen sächsische Urnenfriedhöfe bei stein- und bronzezeitlichen Grabanlagen ange-
legt wurden, erwähnt H. Müller-Brauel, Sächsische Friedhöfe bei Stade, PZ 17,1926, 156 ff. Die von Müller-
Brauel darauf bezogene Stelle im Kapitular Karls d. Gr. gegen das Bestatten in Hügeln meint indessen
nicht die urgeschichtlichen, sondern völkerwanderungszeitliche Hügelgräber.
38 Mushard/Sprockhoff a. a. O. Taf. 3; vgl. Abb. 5.
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Jedenfalls verdanken wir Mushard nicht nur die Kenntnis des sächsischen Urnenfried-
hofes, sondern auch das Wissen um das Großsteingrab, das sozusagen den Mittelpunkt des
altsächsischen Begräbnisplatzes gebildet hat. Daß Urnenfriedhöfe um Großsteingräber ange-
legt werden, ist im Gebiet zwischen Niederelbe und unterer Weser keineswegs ein Einzel-
fall37. In Issendorf hat Martin Mushard noch größere Teile des Großsteingrabes in situ vor
Augen gehabt. Zwar wurde das Grab auch bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhs. ge-
öffnet, aber seine Steine lagen damals noch einigermaßen in der alten Ordnung. In einer
Skizze überliefert uns Mushard Aussehen und Lage dieses Großsteingrabes38. Obgleich
eine Deutung als Ganggrab nicht ausgeschlossen werden kann, scheint die Skizze Mus-
hards doch mehr auf den in diesem Raum weitverbreiteten Typus des Hünenbettes zuzu-
treffen.
Mit Sicherheit geht aus der Skizze Mushards hervor, daß der sächsische Urnenfriedhof
von Issendorf sich nördlich und westlich um das Großsteingrab herum erstreckte. Mushard
verzeichnet insgesamt 41 Urnen, die er um das Großsteingrab herum gehoben hat. Diese
Anzahl erscheint angesichts des auf seinen Abbildungen vorgelegten archäologischen Mate-
rials durchaus als realistischer Wert. Allerdings muß er durch systematische Suche oder
durch Zufall besonders beigabenreiche Urnen angetroffen haben, denn die Zahl und Art
der Beigaben, die Mushard gehoben hat, übertrifft durchaus das, was während der Grabun-
gen 1967 und 1969 an Beigaben geborgen werden konnte. Besonders hinsichtlich der Qua-
lität der Beigaben machen die in den modernen Grabungen geborgenen Urnen fast einen
ärmlichen Eindruck. Sollte Mushard doch wesentlich mehr Urnen geborgen haben, als er
auf seinem Gesamtplan angibt? Wir können diese Frage heute nachträglich nicht mehr mit
Sicherheit beantworten. Während der Grabungen 1967 und 1969 wurden jedenfalls an vie-
len Stellen die Eingrabungen und Gruben Mushards vorgefunden. Sie zeigten sich sowohl
in den Grabungsflächen (Taf. 74, 1) als auch in den Profilen (Taf. 77, 1.2.).
Wir dürfen also Pastor Martin Mushard für den Entdecker des Großsteingrabes und
des sächsischen Urnenfriedhofes von Issendorf halten. Im Unterschied zu manchem Samm-
ler von archäologischen und kunsthistorischen Gegenständen in der heutigen Zeit erreicht
seine Darstellung der Forschungsergebnisse, die er erzielte, einen beachtenswerten Stand
an Präzision und Sachlichkeit. Seine Zeichnungen von Urnen und Beigaben erlauben uns
noch heute, uns über Art und Alter der von ihm geborgenen Funde ein gutes Bild zu ma-
chen. Vor allem gelang es Mushard, eine Reihe von Gegenständen zu bergen, die im Fund-
material der neuen Ausgrabungen vorläufig noch keine Parallelen gefunden haben, bei-
spielsweise Bruchstücke von gleicharmigen Fibeln. So können die von Mushard geborge-
nen Funde heute mit Gewinn zur Datierung der Belegungszeit des Issendorfer Urnenfried-
hofes herangezogen werden, und die Forschung muß sich bei der Untersuchung dieses
Fundplatzes mit auf seine Ergebnisse stützen.
37 Zahlreiche Fälle, in denen sächsische Urnenfriedhöfe bei stein- und bronzezeitlichen Grabanlagen ange-
legt wurden, erwähnt H. Müller-Brauel, Sächsische Friedhöfe bei Stade, PZ 17,1926, 156 ff. Die von Müller-
Brauel darauf bezogene Stelle im Kapitular Karls d. Gr. gegen das Bestatten in Hügeln meint indessen
nicht die urgeschichtlichen, sondern völkerwanderungszeitliche Hügelgräber.
38 Mushard/Sprockhoff a. a. O. Taf. 3; vgl. Abb. 5.
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