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Janssen, Walter
Issendorf: ein Urnenfriedhof der späten Kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit (Heft 6, Teil 1): Issendorf: ein Urnenfriedhof der späten Kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit — Hildesheim: Lax, 1972

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.63213#0051
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Die wichtigste Entdeckung in Schnitt 2 bestand in der Freilegung von Resten des bereits
Mushard bekannten Großsteingrabes. Auch zur Zeit Mushards war es schon zerstört, doch
standen die meisten Trägersteine und auch Decksteine des Grabes zu seiner Zeit noch.
Die ersten Überreste des Großsteingrabes wurden in Schnitt 2 rund 27 m östlich der Meß-
linie aufgedeckt. Im Unterschied zu allen Störungen im Urnenfriedhof, die stets mit grau-
gelb-rostbraun meliertem Sand verfällt waren, erstreckte sich im Bereich des Großstein-
grabes eine sehr große, in Profil und Flächen scharf hervortretende, grau-schwarz verfärbte
Grube, die als Störung 32 im Grabungsbericht gekennzeichnet wurde. Diese Störung war
mit schwarzgrauem, teils humosem Sandboden gefüllt und enthielt vor allem unzählige
kleine, scharfkantig zerrissene Granitbrocken (Taf. 76, 1). An vielen Stellen zeigten sich in
der Grubenfüllung auch kleine Nester von Schwarzpulver, die darauf hindeuten, daß das
Grab gesprengt worden ist. Im übrigen war die Füllung dieser großen Störung völlig gleich-
mäßig und so vermischt, daß kaum noch Aussicht auf Funde in situ bestand. Gegen den
gelbbraunen Sandboden der Umgebung hob sie sich scharfkantig ab. Ihre Westgrenze ver-
lief schräg durch den Schnitt 2, etwa in Nord-Süd-Richtung. Die Ostgrenze bildet mit der
Westgrenze etwa einen rechten Winkel und verläuft in Ost-West-Richtung schräg durch
den Schnitt 2 nach Osten. Mit Schnitt 2 wurde der einstige Standplatz des Großsteingrabes
schräg am südlichen Rand durchschnitten.
An den mit den Trümmern des gesprengten Großsteingrabes gefüllten Bereich der Stö-
rung 32 schloß sich nach Osten eine nur schwach sichtbare längliche Grube an (Nr. 37), die
durch ihren leicht fettig glänzenden, schwach lehmigen Boden vom feinen Sand der Um-
gebung leicht zu unterscheiden war (Taf. 76, 2 Vordergrund). Ihre gelbgraue Farbe un-
terschied sich auch von dem Inhalt der Störung 32. Ganz offensichtlich gehört diese
Grube in die Zeit der Benutzung des Großsteingrabes, denn es traten in ihr zahlreiche neo-
lithische Artefakte sowie Gefäßscherben auf (Taf. 1). Auch innerhalb des gesprengten Be-
reichs kam beim Vertiefen des Schnittes 2 neolithische Grabkeramik zum Vorschein.

Die Hoffnung, auf dem Boden der Störung 32 vielleicht noch in situ befindliche Steine
des Großsteingrabes oder aber vielleicht Abdrücke ihrer Standplätze vorzufinden, erfüllte
sich leider auch dann nicht, als der Schnitt 2 auf durchschnittlich 1,50 m Tiefe vertieft wor-
den war. Bis zum Grund der schwarz verfärbten großen Grube reichte die schwarzgraue
Füllung mit Überresten der Sprengung. Die gesprengten Steine aber waren offensichtlich
zu anderer Verwendung abtransportiert worden. So liegt die Bedeutung der Befunde im
Bereich des Großsteingrabes nicht darin, daß noch konstruktive Teile der Grabanlage
selbst vorhanden gewesen wären: Sie gab es nicht mehr. Vielmehr ermöglichen die aus
der Sprengung und den östlich benachbarten Gruben geborgenen Fundstücke einen guten
Überblick über das keramische und sonstige Inventar dieser Grabstätte49.

2.2.3. Schnitt 4:
Dieser Schnitt von wiederum 3 m Breite diente dem Ziel, die in Schnitt 2 gemachten
Feststellungen hinsichtlich der OstausdehnungdesUrnenfriedhofes zu überprüfen. Schnitt 4
ging zwischen 110 m und 113 m Nord rechtwinklig von Schnitt 1 nach Osten ab (Abb. 7).
Zwischen 3 m und 5 m Ost traten in Schnitt 4 insgesamt sechs Urnen zutage, östlich von
5 m Ost enthielt Schnitt 4 keine weiteren Bestattungen mehr. Damit ist auch in Schnitt 4
die Ostgrenze des Urnenfriedhofes gesichert. Im westlichen Teil des Schnittes 4 war die
Ortsteinbildung im Vergleich zu den Befunden in den anderen Schnitten am weitesten fort-
geschritten: Hier hatte sich bereits sehr harter Ortstein von einer durchschnittlichen Mäch-
tigkeit von 0,60-0,80 m gebildet, aus dem die darin eingeschlossenen Urnen nur noch mit

49 Zum Inventar des Grabes vgl. unten S. 35 ff.

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