deten Augen gehörenden übrigen Teile des Tierkopfes sind nicht ausgeführt. Statt dessen
schneidet der flechtbandförmige Tierkörper die Tieraugen ab. Klauen und bandförmige
Tierleiber bilden zusammengenommen ein flächendeckendes Muster, wie es von Salin174
und Äberg175 für einen jüngeren Abschnitt des Tierstils I in Anspruch genommen wird.
Das Fehlen jeglicher Rankenornamentik, wie sie für die frühe Phase des Stils I noch typisch
ist, sowie das Vorkommen von Bandelementen unterstreichen die verhältnismäßig späte
Stellung des Bronzebeschlages innerhalb des Tierstils I. Dafür spricht weiterhin die Auf-
lösung des Tierkörpers in seine Einzelelemente, welche der Beschlag beispielsweise mit
der bekannten Runenfibel von Engers gemeinsam hat176. Damit aber gewinnen wir An-
schluß an einen Kunstkreis des späten 6. und frühen 7. Jahrh., der sich im langobardischen
Oberitalien zu ganz eigentümlichen Formen herausbildet177. Das bekannte Paar silberver-
goldeter Bügelfibeln aus dem Grab 106 von Soest ist mit flächendeckendem Tierornament
des Tierstils II verziert. In diesem mit langobardischen Goldblattkreuzen und ihrer Verzie-
rung vergleichbaren Fibelpaar178 zeigt sich die Weiterentwicklung des Tierstils, nachdem
er von Langobarden nach Oberitalien eingeführt worden war. In Norddeutschland und
Skandinavien weist die Spätphase des Tierstils I bereits flächendeckende Dekoration auf,
die nach Werner im südlichen Mitteleuropa mit einer Übergangsphase sogleich zu Stil II
führt179.
Damit stellt sich nunmehr die Frage nach der absoluten Datierung unseres Bronze-
beschlages. Nach Salin lebt der Tierstil I etwa vom Ende des 5. Jahrh. bis um 600. Rechnen
wir den Beschlag von Issendorf in seine Spätphase kurz vor dem Übergang zum Stil II, so
gehört er in die zweite Hälfte des 6. Jahrh. In die gleiche Zeit gehört die erwähnte Bügel-
fibel von Engers, mit der der Tierstil I des Nordens nach Süden wanderte. Unterstützt wird
dieser Zeitansatz nicht zuletzt auch durch den Stil der maskenhaften Gesichtsdarstellung
oberhalb der Tierleiber. Sie ist nichts anderes als eine in die Fläche übertragene Darstel-
lung des Tierkopfes, wie er auf Füßen von Bügelfibeln des 6. Jahrh. weit verbreitet ist.
Stellvertretend für viele derartige Fibelfuß-Formen sei hier das Fibelpaar aus Worms-
Bollwerk, Grab 1, genannt, das durch eine Münze in das Ende des 6. Jahrh. datiert wird
und der Gruppe III n. Werner zuzuweisen ist180. Typisch für diese Tierkopfform ist die drei-
fache Konturlinie unter dem Auge, das selbst nicht ausgebildet ist.
Damit ergibt sich, daß wir noch in der zweiten Hälfte des 6. Jahrh. in Issendorf mit
Brandbestattungen zu rechnen haben und daß damit, über die Keramikformen hinaus, auch
recht konkrete kunsthistorische Hinweise auf ein Fortdauern der Belegung des Urnenfried-
hofs bis ins späte 6. Jahrh. vorliegen. Der sächsische Urnenfriedhof von Issendorf wurde
also vom Ende des 3. bis zum Ende des 6. Jahrh. durchgehend belegt. Es bleibt abzuwarten,
wie sich dieses Bild bei Einbeziehung der Funde aus der Grabung 1969 noch ändern oder
verfeinern wird.
Im Hinblick auf historische Fragen der Siedlungsgeschichte bietet das Issendorfer Ma-
terial erneut Hinweise für die von H. Jankuhn vertretene These, daß auch nach der ersten
174 Salin a. a. O. Abb. 519 und S. 227 ff.
175 N. Äberg, Die Franken und Westgoten in der Völkerwanderungszeit (1922) 168 ff.
176 Die Fibel befindet sich im Rhein. Landesmuseum Bonn, Inv. 36, 1. Lit.: F. Rademacher, Neuerwerbungen
von fränkischem Schmuck im Bonner Landesmuseum, Pantheon 1936, 127 Abb. 5. - Salin, Thierornamentik
S. 300 u. Abb. 648. - Äberg, Franken und Westgoten (wie Anm. 175) 155. - H. Kühn, Die germanischen
Bügelfibeln der Völkerwanderungszeit in der Rheinprovinz (Neudruck Graz 1965) 394.
177 N. Äberg, Die Goten und die Langobarden in Italien (Uppsala 1923) 39 ff.
178 Dazu vgl. J. Werner, Münzdatierte austrasische Grabfunde (Berlin-Leipzig 1935) 53 ff. u. Taf. 17.
179 Werner a. a. O. 47 ff. u. bes. Anm. 1 S. 47.
iso Werner a. a. O. 41 f. u. Taf. 6 A.
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schneidet der flechtbandförmige Tierkörper die Tieraugen ab. Klauen und bandförmige
Tierleiber bilden zusammengenommen ein flächendeckendes Muster, wie es von Salin174
und Äberg175 für einen jüngeren Abschnitt des Tierstils I in Anspruch genommen wird.
Das Fehlen jeglicher Rankenornamentik, wie sie für die frühe Phase des Stils I noch typisch
ist, sowie das Vorkommen von Bandelementen unterstreichen die verhältnismäßig späte
Stellung des Bronzebeschlages innerhalb des Tierstils I. Dafür spricht weiterhin die Auf-
lösung des Tierkörpers in seine Einzelelemente, welche der Beschlag beispielsweise mit
der bekannten Runenfibel von Engers gemeinsam hat176. Damit aber gewinnen wir An-
schluß an einen Kunstkreis des späten 6. und frühen 7. Jahrh., der sich im langobardischen
Oberitalien zu ganz eigentümlichen Formen herausbildet177. Das bekannte Paar silberver-
goldeter Bügelfibeln aus dem Grab 106 von Soest ist mit flächendeckendem Tierornament
des Tierstils II verziert. In diesem mit langobardischen Goldblattkreuzen und ihrer Verzie-
rung vergleichbaren Fibelpaar178 zeigt sich die Weiterentwicklung des Tierstils, nachdem
er von Langobarden nach Oberitalien eingeführt worden war. In Norddeutschland und
Skandinavien weist die Spätphase des Tierstils I bereits flächendeckende Dekoration auf,
die nach Werner im südlichen Mitteleuropa mit einer Übergangsphase sogleich zu Stil II
führt179.
Damit stellt sich nunmehr die Frage nach der absoluten Datierung unseres Bronze-
beschlages. Nach Salin lebt der Tierstil I etwa vom Ende des 5. Jahrh. bis um 600. Rechnen
wir den Beschlag von Issendorf in seine Spätphase kurz vor dem Übergang zum Stil II, so
gehört er in die zweite Hälfte des 6. Jahrh. In die gleiche Zeit gehört die erwähnte Bügel-
fibel von Engers, mit der der Tierstil I des Nordens nach Süden wanderte. Unterstützt wird
dieser Zeitansatz nicht zuletzt auch durch den Stil der maskenhaften Gesichtsdarstellung
oberhalb der Tierleiber. Sie ist nichts anderes als eine in die Fläche übertragene Darstel-
lung des Tierkopfes, wie er auf Füßen von Bügelfibeln des 6. Jahrh. weit verbreitet ist.
Stellvertretend für viele derartige Fibelfuß-Formen sei hier das Fibelpaar aus Worms-
Bollwerk, Grab 1, genannt, das durch eine Münze in das Ende des 6. Jahrh. datiert wird
und der Gruppe III n. Werner zuzuweisen ist180. Typisch für diese Tierkopfform ist die drei-
fache Konturlinie unter dem Auge, das selbst nicht ausgebildet ist.
Damit ergibt sich, daß wir noch in der zweiten Hälfte des 6. Jahrh. in Issendorf mit
Brandbestattungen zu rechnen haben und daß damit, über die Keramikformen hinaus, auch
recht konkrete kunsthistorische Hinweise auf ein Fortdauern der Belegung des Urnenfried-
hofs bis ins späte 6. Jahrh. vorliegen. Der sächsische Urnenfriedhof von Issendorf wurde
also vom Ende des 3. bis zum Ende des 6. Jahrh. durchgehend belegt. Es bleibt abzuwarten,
wie sich dieses Bild bei Einbeziehung der Funde aus der Grabung 1969 noch ändern oder
verfeinern wird.
Im Hinblick auf historische Fragen der Siedlungsgeschichte bietet das Issendorfer Ma-
terial erneut Hinweise für die von H. Jankuhn vertretene These, daß auch nach der ersten
174 Salin a. a. O. Abb. 519 und S. 227 ff.
175 N. Äberg, Die Franken und Westgoten in der Völkerwanderungszeit (1922) 168 ff.
176 Die Fibel befindet sich im Rhein. Landesmuseum Bonn, Inv. 36, 1. Lit.: F. Rademacher, Neuerwerbungen
von fränkischem Schmuck im Bonner Landesmuseum, Pantheon 1936, 127 Abb. 5. - Salin, Thierornamentik
S. 300 u. Abb. 648. - Äberg, Franken und Westgoten (wie Anm. 175) 155. - H. Kühn, Die germanischen
Bügelfibeln der Völkerwanderungszeit in der Rheinprovinz (Neudruck Graz 1965) 394.
177 N. Äberg, Die Goten und die Langobarden in Italien (Uppsala 1923) 39 ff.
178 Dazu vgl. J. Werner, Münzdatierte austrasische Grabfunde (Berlin-Leipzig 1935) 53 ff. u. Taf. 17.
179 Werner a. a. O. 47 ff. u. bes. Anm. 1 S. 47.
iso Werner a. a. O. 41 f. u. Taf. 6 A.
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