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Janssen, Walter
Issendorf: ein Urnenfriedhof der späten Kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit (Heft 6, Teil 1): Issendorf: ein Urnenfriedhof der späten Kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit — Hildesheim: Lax, 1972

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https://doi.org/10.11588/diglit.63213#0082
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157b). Wiederholt wurden in Issendorfer Urnen größere dünne Bronzebleche gefunden, die
zu Zierbeschlägen und ähnlichem gehört haben dürften. Aber gerade sie fielen in beson-
derem Maße dem Feuer des Scheiterhaufens zum Opfer. So bildet der mit Nieten durch-
bohrte Bronzebeschlag des Grabes 53 sicher die Unterplatte eines darauf angebrachten
Zierstückes, das aber verloren ist. Zur Grupppe dieser Zierbleche gehört auch der Taf. 71
gezeigte Bronzebeschlag. Leider konnte das Stück nur als Einzelfund aus Schnitt 1 gebor-
gen werden, so daß kein Fundzusammenhang mit einem Grab gegeben ist135. Der Beschlag
ist rechteckig und mißt 3,8X3 cm. Innerhalb eines erhabenen, mit Perlrand versehenen
3 mm breiten Rahmens zeigt die Schauseite des Beschlages eine stark stilisierte mensch-
liche Maske mit Augen und stark hervortretender Nase. Nach unten zu folgt dann, durch
eine Reihe kleiner, spitz hervortretender Buckelchen abgetrennt, die Darstellung zweier
Tiere: zwei Augen und Gliedmaßen sind zu unterscheiden. Die Komposition ist symme-
trisch zu einer gedachten Achse angeordnet, die etwa in der Verlängerung der Nasenlinie
der anthropomorphen Maske nach unten liegt. Das dargestellte Motiv ist in der völker-
wanderungszeitlichen Kunst wohlbekannt: Es leitet sich von der Darstellung des Daniel
in der Löwengrube her, die auf allen möglichen Kunstgegenständen immer wieder er-
scheint136. Allerdings kennzeichnet die vorliegende Zierplatte eine gewisse Einfachheit
und Klarheit der Darstellung dieses Motivs, die auf seine Zugehörigkeit zum germanischen
Tierstil I hindeutet, an dessen Ende die Herausbildung früher Formen der Flechtband-
ornamentik steht. Eine direkte Parallele zur Komposition der anthropomorphen Maske
zwischen zwei Tierleibern findet sich u. a. auf einem bronzenen, gegossenen Schwertschei-
denbeschlag aus dem Rheinland137. Auf dem Beschlag sind zwei maskenförmige Gesichter
mit stark überbetonten Augen und starker Nase gegenständig dargestellt, die unterhalb
der Nase durch waagerecht verlaufende Bündel von vier Linien gekreuzt und abgeschnit-
ten werden138. An diese waagerecht verlaufenden Linienbündel erinnert bei dem Issendor-
fer Beschlag die nach den Seiten waagerecht ausgezogene Konturlinie der Maske. Auf dem
Schwertscheidenbeschlag schließt sich unterhalb der Masken ein mächtiges Tier an, das im
Tierstil II dargestellt ist. Der Issendorfer Beschlag zeigt ebenfalls einen aus Bändern ver-
schlungenen Tierleib, der aber noch dem Tierstil I entspricht. Es ist nicht ohne Bedeutung
zu wissen, daß zu dem rheinischen Schwertscheidenbeschlag ein außerordentlich ähnliches
Stück aus dem Gräberfeld von Weihmörting vorliegt, das erst bei näherem Zusehen als
nicht gußgleich erkannt wurde139. Die Beispiele deuten bereits die sehr weite Verbreitung
dieses Motivs an. Oberhalb der Gesichtsdarstellung des Issendorfer Fundstücks schließt
sich an den rechteckigen Beschlag ein Rest eines Fortsatzes an, der beweist, daß der Be-
schlag ursprünglich noch länger war, dann aber zerbrochen wurde. Auf seiner Rückseite
stehen in den vier Ecken vier Bronzeniete je etwa 2 mm hoch über die Platte heraus. Der
Beschlag muß also auf irgendeiner Unterlage festgenietet gewesen sein. Es könnte sich da-
bei um einen Ledergürtel handeln, doch wurden auf der Rückseite keinerlei Reste davon
beobachtet (Taf. 71, 2). Auf diesen Fund werde ich im Kapitel 7 noch zurückkommen.
4.3.18. Sonstige Grabbeigaben
Eine Seltenheit stellt die in Grab 67 gefundene bronzene, durchlochte Riemenzunge dar,
die noch 2,9 cm lang erhalten war (Taf. 12, 67). Eine Besonderheit bilden schließlich auch

135 Schnitt 1, Fdst. 30: 82,90 m N/0,63 m Ost/0,25 m u. Ofl.
136 Zu den Danieldarstellungen vgl. H. Kühn, Die Danielschnallen der Völkerwanderungszeit. IPEK 15/16,
1941/42, 140-169.
137 Rhein. Landesmus. Bonn. Inv. 38, 633.
138 Vgl. W. Janssen, Bonner Jahrb. 168, 1968, 387 Abb. 8 a.
139 H. Zeiß, Das Reihengräberfeld von Weihmörting, in: Bayer. Vorgeschichtsbll. 12, 1934, 39ff.

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