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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 1.1958

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Nr. 2 / 3
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Haag, Erich: Und noch einmal die Rolle des Lateins am Neusprachlichen Gymnasium
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Schade, Richard: Allgemeiner Deutscher Neuphilologenverband Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.32956#0027
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unterricht ohne Berücksichtigung der Leistungsnote genügen würde fiir die Berechti-
gung des Großen Latinums, werden auch Sie mir zugeben, daß damit der Prüfungs-
schein eiiien höchst fragwürdigen Wert bekommt.

Nein, die Sprachenfolge, die Sie für das neusprachliche Gymnasium vorschlagen,
widerspricht den geschichtlichen Tatsachen und der Erkenntnis der propädeutischen Be-
deutung des lateinischen Unterrichts für jedes neusprachliche und im eigentlichen Sinn
historische Studium in unserer Gegenwart.

Ich teile Ihre Überzeugung, daß die Neuphilologen und Altphilologen jeweils eine
besondere Bildungsaufgabe haben, die sie sich nicht neiden, sondern die sie gegenseitig
fördern sollten. Aber weil ich zu sehen glaube, daß hier die sprachliche Arbeit nicht
am richtigen Punkt einsetzt, muß ich im Interesse des neusprachlichen Bildungswillens
meine Bedenken anmelden, die, wie ich wiederhole, nicht egoistisch sind, sondern von
der Bildungsaufgabe geleitet werden, die wir beide zu vertreten haben.

Die Bildungsaufgabe des neusprachlichen Gymnasiums wird durch die Verankerung
des Lateins in seinem Sprachenaufbau nicht gefährdet, sondern, wie ich glaube, geför-
dert. Nur dieser, das Ganze betreffende Gesichtspunkt, veranlaßt mich, diese Aus-
führungen zu machen.

Darf ich Sie bitten, meine Gedanken zu erwägen und sie auch Ihren Kollegen zur
Kenntnis zu bringen.

Mit höflichem Gruß

Ihr sehr ergebener

Erich Haag

ALLGEMEINER DEUTSCHER NEUPHILOLOGENVERBAND • BERLIN

Herrn Dr. Erich Haag, 19. Dezember 1956

Erstem Vorsitzenden des Deutschen Altphilologenverbandes

Sehr verehrter Herr Kollege!

Haben Sie herzlichen Dank für Ihren freundlichen Brief vom 4. Oktober! Mit Ihnen
macht es wirklich Freude, die Klingen zu kreuzen, wenn für unsere friedliche Ausein-
andersetzung ein so martialischer Ausdruck erlaubt ist. Wie angenehm sticht doch die
Haltung Ihres Schreibens z. B. von dem häßlichen, um nicht zu sagen gehässigen Ton
ab, den in der uns beide bewegenden Frage der Referent im Heft 3/1956 der „Mittei-
lungen“ Ihres LV Rheinland-Pfalz anzuschlagen für richtig hält! (Ich nehme mit Be-
stiirzung davon Kenntnis, daß dort ein Neusprachliches Gymnasium ohne Latein
- wer hat übrigens davon gesprochen? - „kurz, aber treffend“ als eine Schule für Ober-
kellner gebrandmarkt wird und fühle mich seitdem sehr unglücklich.) Freilich, in der
Sache selbst sind wir uns wenig näher gekommen, was vielleicht auch gar nicht zu er-
warten war; aber wir haben uns wenigstens, jeder auf seine Weise, deutlich unsere
Meinung gesagt, und das ist ja auch schon ein Gewinn.

Zunächst bin ich gern bereit, Ihnen einen Punkt vorzugeben: die von uns für das
Neusprachliche Gymnasium gewünschte Sprachenfolge Englisch, Französisch, Latein be-
deutet tatsächlich, wie Sie sagen, das Pferd am Schwanz aufzäumen, wenn man an die
historische Abfolge denkt. Aber die Vereinheitlichung des deutschen Schulwesens ist doch
auch ein erstrebenswertes Ziel und nicht nur ein schulpolitischer Trick, und nachdem

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