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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 6.1963

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Nr. 3
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Leggewie, Otto: Altsprachlicher Unterricht und Alte Geschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.33064#0032
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Altsprachlicher Unterricht und Alte Geschichte 1

Es ist unbestritten, daß Alte Geschichte und Altsprachlicher Unterricht im
Sinne der äußeren Konzentration einander zugeordnet sein sollen. Dabei wird
die Einwirkung von dieser oder jener Zeit in ihrer Stärke verschieden sein, die
dominierende oder dienende Stellung von Fall zu Fall wechseln. Gemeinsam
bemühen sich die Vertreter beider Fachgebiete, exemplarisch, durch Leitbilder
zum Guten wie zum Schlechten also, das aufzuzeigen, was weiterwirkt und im
Bewußtsein junger Menschen lebendig bleiben soll und fruchtbar gemacht wer-
den kann: die Welt der Antike erneuert sich stetig, sie wirkt fördernd oder
auch hemmend auf Geist und Kultur unseres Volkes ein. Über die Notwendig-
keit der hervorgehobenen äußeren Konzentration besteht kaum ein Zweifel.
Und doch ist es schwierig, eine feste Marschroute anzugeben.

Wichtiger noch dürfte die innere Konzentration sein, wenn Alte Geschichte
und Altsprachlicher Unterricht in ihrem Verhältnis zueinander untersucht wer-
den. Eine „gymnasiale Pädagogik“, die lebhaft diskutiert zu werden verdient,
verlangt es, zu einem philosophisch vertieften Bewußtwerden seiner selbst hin-
zuführen, die Vergegenwärtigung der Vergangenheit hochzuhalten. Das Gym-
nasium ist die Stätte der Tradition, durch die ihr eigene Pädagogik wird der
Mensch als geschichtliches Wesen hingeführt in den gemeinsamen Raum der
Überlieferung. So wird ein echtes Verhältnis zur eigenen Gegenwart und zur
Geschichte gewonnen, innere Gesetzlichkeit und schicksalhafte Macht im Leben
der Völker werden lebendig. Alte Geschichte und Altsprachlicher Unterricht
dürften gemeinsam im Sinne der inneren Konzentration den Menschen nach-
drücklich dahin führen, aus der Tradition zu leben und zugleich Tradition zu
schaffen.

Klassiscbe Philologie und Historie:

Gegensätzlicbes und gemeinsames Ordnungsprinzip

Der Philologe wie der Historiker sind bemüht, durch kritische Betrachtung
menschlichen Daseins zu einer sublimen Aussage zu gelangen. Die „Anfänge“
(Archai) liegen für beide in der Überlieferung. Ob wir nun von diesen An-
fängen als Mitteln der Erkenntnis ausgehen, ob wir auf diese An-
fänge als Ziele des Verstehens zurückführen, philologische Interpreta-
tion und geschichtliche Erkenntnis sind innerlich unlösbar miteinander ver-
bunden. Sie durchlaufen denselben Kreis, gelangen aber nie ganz zu einem
Ende; sie setzen sich gegenseitig voraus, in fortschreitendem Bemühen aber
gelingen stets nur Annäherungen.

1 Dieser Beitrag ist Zusammenfassung der Gedanken eines vor den Altphilologen
Berlins gehaltenen Vortrags. Ein Anspruch auf Vollständigkeit muß daher entfallen,
eine Anregung für die Diskussion einer schwierigen Frage sollte gegeben sein. - Neben
den Methodiken und Richtlinien / Lehrplänen für den Geschichtsunterridit wurden
herangezogen:

FI. Bengtson, Einführung in die alte Geschichte, München 1959. — W. Schadewaldt,
Die Anfänge der Geschichtsschreibung bei den Griedren (1934). Flellas und Hesperien,
Zürich/Stuttgart 1960, S. 395ff. - Die älteren Arbeiten von H. Usener, Ed. Meyer und
W. Jaeger zum Tliema Philologie und Historie.

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