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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 17.1974

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Nr. 3
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Nickel, Rainer: "Lernziele und Fachleistungen" einer neuen Didaktik "des gelehrten Unterrichts"?: Bemerkungen zu "Lernziele und Fachleistungen"
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https://doi.org/10.11588/diglit.33068#0049

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phalen aufgestellte Lernzielmatrix, die als „Suchschema“ für mögliche Lernziele
verstanden sein will. Denn sie sollte der Sammlung und Systematisierung von
„pädagogisch und gesellschaftlich relevanten allgemeinen Erziehungszielen“
dienen, spezifische Fachleistungen des Lateinunterrichts im Hinblick auf diese
Ziele erkennen und ordnen helfen und schließlich Grundlage für den Versuch
sein, eine empirisch gesicherte Ermittlung und Überprüfung der derzeitigen Fach-
leistungen herbeizuführen. Daß die Matrix diese Aufgabe im Rahmen vorlie-
gender Untersuchung erfüllt hat und darüber hinaus erfüllen wird, steht außer
Zweifel. Das zeigt die Beschreibung des Validierungsverfahrens in seiner Vor-
bereitung und Durchführung. Es ist den Autoren wohl vollauf geglückt, durch
eine gründliche Expertenbefragung anhand der Matrix und durch eine minutiöse
Auswertung der Befragungsergebnisse zu ermitteln, wie Lateinlehrer die Lei-
stung ihres Unterrichts beurteilen und einschätzen. Der sich anschließende Schü-
lertest gibt darüber hinaus Auskunft über tatsächlich erreichte Fachleistungen,
soweit sie von der Matrix überhaupt erfaßt werden.
Es ist nicht erforderlich, die Einzelergebnisse an dieser Stelle zu referieren,
zumal dies unter Verzicht auf eine Wiedergabe der zahlreichen Tabellen und
Übersichten gar nicht möglich wäre. Aber es sei darauf hingewiesen, daß die vor-
liegende Publikation über ihre epochemachende Bedeutung für die Geschichte
des gelehrten Unterrichts im oben beschriebenen Sinne hinaus einen ganz wesent-
lichen Beitrag zur Überwindung der einseitigen und gerade für den altsprach-
lichen Unterricht gefährlichen Lernzieldominanz bei der Curriculumkonstruk-
tion darstellt. Denn die Unterscheidung von Lernzielen und Fachleistungen läßt
klar erkennen, daß die Fachinhalte und -gegenstände des altsprachlichen Unter-
richts keinesfalls beliebig austauschbar und ersetzbar sind, sondern eine deutlich
lernzielgenerierende oder zumindest lernzieldeterminierende/lernzielmodifizie-
rende Funktion haben. Die 76 Fachleistungen des Fragebogens an die Lehrer
sind nämlich aus bestimmten Inhalten gewonnen worden, und die Lehrer hatten
die Aufgabe, die fach- und inhaltsspezifischen Leistungen zu beschreiben, die
die praktische Arbeit an Inhalten erfordert, erbringt und übt. Erst aus den Fach-
leistungen, d. h. aus den fach- und inhaltsspezifischen Leistungen des Latein-
unterrichts, lassen sich dann Lernziele, die über das Fach hinausweisen, ableiten
und bestimmen. In diesem Sinne stellen die - jetzt empirisch bestätigten - Fach-
leistungen ein Angebot dar, das für die Verwirklichung überfachlicher - z. B.
gesellschaftlich relevanter - Lernziele genutzt werden kann. Hier sind also nicht
bestimmte „übergeordnete“ Lernziele Ausgangspunkt für die Suche entsprechen-
der Fachleistungen. Der Weg führt vielmehr von diesen zu jenen. Auf diese
Weise wird deutlich, daß Lernziele ihre konkrete Gestalt von Fachleistungen
her erhalten und in ihrer Realisierung an Fachinhalte gebunden sind.
Dieser Bezug von Fachleistungen und Lernzielen ist eine tragfähige Basis für
eine didaktische Konzeption des altsprachlichen Unterrichts, mit der weder den
Zielen noch den Inhalten ein Vorrang eingeräumt wird, sondern die zielbe-
stimmende Funktion der Inhalte ebenso zur Geltung kommt wie die inhaltsbe-
stimmende Funktion der Ziele. Mit der Gegenüberstellung von Fachleistungen
und Lernzielen wird also die Dialektik von Inhalten und Zielen bestätigt, deren
Anerkennung erst die theoretische Voraussetzung der Argumentation für die

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