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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 5.1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.21913#0129
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Das eiserne Gitter an der Kanzeltreppe ist vom Jahre 1736. Bei
Gelegenheit des neuen Baues von 1772 — 1773 wurden auch die
Fenster und die äussere Gestalt des Schiffes nebst den Wölbungen
über den neu errichteten Seitenaltären modernisirt und die Kanzel
mit einem neuen Schaldache versehen. Den Chor und das hinter dem
Hochaltäre an die Wand gemalte Bild miss des Kirchenpatrons, des
Bischofs Rupert, hat Joseph Edler von Molk auf nassen Kalk
gemalt, die Ölgemälde der zwei Nebenaltäre, die heilige Familie
und der heilige Sebastian, sind brave Arbeitendes berühmten Jo-
hann Martin Schmidt vom Jahre 1773.

Von den in und ausser der Kirche noch vorhandenen Leichen-
steinen reicht keiner über das Jahr 1370 hinauf. Das Bruchstück eines
wenigstens um hundert Jahre älteren Grabsteines, mit der Aufschrift:
„sand cholmanstag“ liegt neben der Kirchenthüre, ein anderer, ohne

Inschrift, blos mit einem Kreuze bezeichnet, am Eingänge des Schul-
hauses, beide als Pflastersteine benützt.

Es wurden mir zwar mehrmals Silber münzen gebracht, an-
geblich auf Feldern der hiesigen Gegend gefunden, welche aber zu
den ganz gewöhnlichen, oft vorkommenden Gegenständen dieser Art
gehörten und für die Wissenschaft werthlos waren.

Ign. Fr. K ei bl in g er.

Brünn. Die Restaurirung des historischen Denkmales „der
Königsstein bei Iglau“ wurde nach dem von der k. k. Landes-Baudi-
rection für Mähren gestellten und von der k. k. Central-Commission
bestätigten Anträge bereits ausgeführt, und die diessfalligen Kosten
per 243 fl. 91 kr. Ö. W. wurden von dem mährischen Landesaussehusse
übernommen.

Literarische Besprechungen.

Romanische und gothische Stylproben ans Breslau und Trebnitz.
— Eine kurze Anleitung zur Kenntniss der bildenden Künste
des Mittelalters, zunächst Schlesiens, von Dr. Hermann Luchs.
Mit drei lithographirten Bildtafeln. Breslau, bei Ed. Tr e wen dt,
1851. GVa B. 4. 42 Seiten.

Jede neue Publication auf dem noch sehr ungleichmässig ange-
bauten Gebiete mittelalterlicher Kunst und Archäologie in Deutsch-
land muss uns an und für sich willkommen sein, selbst dann, wenn
sie, wie das vorliegende Werk, in der sehr ungeeigten Form eines
Handbuches abgefasst ist. Ungeeignet nenne ich diese Form, weil
Schlesiens Denkmale selbst nur im XIV. und XV. Jahrhundert ihrem
künstlerischen Werth nach bedeutend sind, während aus der roma-
nischen Zeit, und zwar erst aus dem Anfänge des XIII. Jahrhunderts
uns einzig und allein zwei kleinere Dürftigkeitsbauten vollständig,
und ausserdem nur einzelne Sculpturen eines älteren prächtigeren
Bauwerkes noch erhalten sind. Auch die Frühgothik hat nur wenige
Spuren hinterlassen. Dem Kenner werden desshalb die Anfangs-
gründe überflüssig und lästig, dem Anfänger aber die dargebo-
tenen Eixemplare unbedeutend erscheinen. Dass der Verfasser in
Betreff des Chores der Elisabethkirche und der Bauzeit der Kreuz-
kirche in Breslau seine Ansicht geändert hat, die er in früheren
Schriften noch in die Mitte des XIII. Jahrhunderts versetzte, während
sie ihren Haupttheilen nach erst der Mitte des XVI. Jahrhunderts ange-
hören, war hohe Zeit. Die zahlreichen beaehtenswerthen Sculpturen
Breslau’s vom Ende des XV. und dem Anfänge des XVI. Jahrhunderts,
die, wie mehrere gleichzeitige Malereien, Nürnberger Einflüsse bekun-
den, sind, der Grund ist uns unbekannt, von Herrn Dr. Luchs
übergangen worden, einzelne Tiraden über den Realismus jener Zeit
füllen diese Lücke nicht aus. Dem niederländischen Dombild zu
Breslau ist unter den wenigen Stylproben ein ganz unverhältniss-
mässiger Raum zugestanden, der ihm an dieser Stelle nur dann
zukäme, wenn ein weitergreifender Einfluss wirklich vorhanden wäre.
Sonst hätten die Bilder der sächsischen Schule im Dom denselben
Anspruch auf Beachtung zu erheben. Besonders bei solcher Gelegen-
heit fällt der Verfasser aus dem vorherrschenden Lehrton in den des
Forschers, was wiederum nur als ein Versehen bezeichnet werden
kann, weil auch dadurch der ursprüngliche Zweck beeinträchtigt
wird. Die Abbildungen sind verhältnissmässig sehr zahlreich, aber
in Folge dessen leider auch zu klein ausgefallen; einzelne in Folge

der Anwendung der Photographie als Mittelglied etwas verschwom-
men. Möchte daher der Verfasser, der auf dem Gebiete der Urkun-
denforschung sich mit Glück versucht hat, bei ähnlichen Arbeiten,
wie diese, derartige Fehler in Zukunft vermeiden. Im Einzelnen
bietet das Schriftchcn trotzdem dem Kenner manches Interessante
und Neue dar. W. Weingärtner.

Weingartner Wilhelm: System des christlichen Thnrm-
baues. Die Doppelcapellen, Thnrmcapellen, Todtenleuchten,
Karner, altchristlichen Monasterien, Glocken- und Kirchen-
thürme in ihrem organischen Zusammenhänge und ihrer Ent-
wicklung. Göttingen, Vandenhoeck und B u precht's Ver-
lag, 1860. VIII, 90 S.

Vorliegende Schrift bildet eine Ergänzung der 1838 erschiene-
nen Abhandlung des Verfassers „Uber den Ursprung und die Ent-
wicklung des christlichen Kirchengebäudes“, und verdient so wie
diese eine aussergewöhnliche Beachtung, wegen des besonderen
wissenschaftlichen Standpunktes, welchen der Verfasser in beiden
Schriften einnimmt. Der Zweck und die Bestimmung der alten Dop-
pelcapellen ist, wie bekannt, bis jetzt noch nicht aufgeklärt. Am
verbreitetsten war bisher die Annahme, dass dieselben, in so weit
sie auf Schlössern und Burgen angetroffen werden, aus Rücksicht
für die Trennung der Stände erbaut wurden, und zwar sei die obere
Capelle für den Burgherrn, und die untere für die Dienstherrschaft
bestimmt gewesen. Dieser Ansicht entgegen führt nun \V e in gä r t-
ner den Beweis, dass bei Doppelcapellen der obere Raum für den
Gottesdienst im Allgemeinen und der untere Raum als Gruft aufzu-
fassen ist. Die Untersuchung über den Ursprung und das Wesen der
Doppelcapellen führte hierauf W e i n gä r t n e r auf die Bestimmung der
Thurmcapellen, ferner auf eine Charakterik der (auch in Österreich)
zahlreich entdeckten Karner oder Beinhäuser der romanischen Zeit,
auf die sogenannten Todtenleuchten, und endlich auf die Entstehung
und Entwicklung der christlichen Kirchenthürme. In dieser Beziehung
ist von grossem Interesse der Nachweis von dem Zusammenhang des
antiken Grabtempels mit den Thurmanlagen bei altchristlichen Kir-
chen, von dem Ersterben der ursprünglichen Bestimmung derThürme
zu christlichen Cultuszweeken und ihrer späteren Ausbildung zu
Glockenträgern. K Weiss.

Aus der k. k. Hof- und Staatsdruckerei.
 
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