Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 10.1865

DOI Artikel:
Kenner, Friedrich von: Fundkarte von Aquileja
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25923#0107
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Fundkarte von Aquileja.

Von Dr. Friedrich Kenner.

Mit 1 Tafel.

i\ icht leicht mag sich ein anderer Ort im österreichischen Kaiserstaate so weit zurückreichen-
der und so glänzender Erinnerungen berühmen, als das heute unscheinbar hinter den Sand-
dünen des österreichischen Küstenlandes gelegene Aglar, Aquileja, der Grösse nach die neunte
Stadt des römischen Weltreiches, wie Ausonius sie aufzählt1. Schon 181 v. Chr. wurde dort eine
römische Colonie angelegt, zum Schutze der damaligen Reiclisgrenze gegen die illyrischen Völker
und zur Sicherung des Handels. Für beide Zwecke war ihre Lage von entscheidender Wichtigkeit;
in der Ebene, welche zwischen den julischen Alpen und dem adriatischen Meere offen steht, nahe
bei diesem quer hingelagert, beherrschte sie dieselbe2 und hatte vor sich als eine natürliche Schutz-
wehr gegen Osten den Isonzo; zu den Ufern dieses Flusses steigen wie gegen einen Mittelpunct
zahlreiche Thalschluchten nieder, welche durch die carnisclien Alpen hindurch an die Save führen
und Aquileja indirect mit den unteren Donauländern und dem schwarzen Meere verbanden. Auch
die vielen Flüsse3 der Umgebung setzten die Stadt in Verbindung mit dieser selbst, so wie mit dem
adriatischen Meere und mit der gesannnten Küste desselben.
Durch diese Lage war sie geeignet, nicht blos der nordöstliche Schlüssel Italiens, sondern
auch die Königin des adriatischen Meeres zu werden. Während in ersterer Beziehung die Stadt
nur einige Male ernstliche Gefahren von Rom und Italien abgehalten hat4, war die letztere Bezeich-
1 Mitte des IV. Jahrhunderts. — Ordo nob. urb. 6. — 2 Sehr bezeichnend ist dafür in Capitolinus (Maximus et Balbinus
c. 12, edit. Jordan et Eyssenhardt) die Bemerkung „ipse autemMaximus Aquileiam idcireo accesserat ut omnia tuta et integra
usque ad alpes relinqueret, ac siquae essent barbarorum, qui Maximino fauerent, reliquiae, compesceret“. — 3 Von diesen
floss der Natisus (j. fiume d’Aquileja oder Padoan) durch die alte Stadt. Plinius’ Irrthum, dass ein zweiter Fluss Turrus durch
die Stadt geflossen und mit dem Natisus in das Meer gegangen sei, hat schon Männert (IX, 1. S. 75) nachgewiesen und wider-
legt, vgl. Smith Dictionary of Greek and Iioman Geography I, 170. Jener Turrus ist der heutige Torrente, der mit einem
andern grösseren Natisus (j. Natisone) vereinigt, nordöstlich von Aquileja in den Isonzo mündet. Von dem Reichthum an
Wasserwegen leitete man auch den Namen der Stadt (Aquilegia von aquas legere) ab. — 4 Zum ersten Male geschah dies im J. 107
n. Chr., als die Germanen ihre Streifzüge bis Aquileja ausdehnten, an welcher Stadt ihre Angriffe auf Italien sich brachen. Die
schwerste Belagerung hielt sie im J. 238 n. Chr. aus, da Kaiser Maximinus mit ansehnlicher Truppenmacht über Emona heranrückte,
um nach Einnahme von Aquileja gegen Rom zu gehen und den Senat zur Anerkennung zu zwingen. Die Stadt wurde tapfer
und ausdauernd vertheidigt — die Frauen opferten ihren Haarschmuck zu Bogensehnen (Capitol. Maxim, jun. 7. Max. et Baibin. 11)
— und der Kaiser, der sie leichthin zu nehmen dachte, liess vor ihren Mauern Thron und Leben. Dieses Ereigniss, das in dem
geängstigten Rom unermesslichen Jubel hervorrief, bildet auch für Aquileja die glänzendste seiner Erinnerungen; dagegen hielt
die Stadt den Anprall der Truppen des Kaisers Julianus im J. 362 nicht mehr aus. Eben so fiel sie 452 den Hunnen zur Beute,
welche sie zerstörten, und später noch öfter den Raubzügen wandernder Stämme, wie der Gothen und Langobarden.
12*
 
Annotationen