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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 10.1865

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Merklas, Václav: Das Zipserhaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.25923#0167
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151

Das Zipserhaus.

Von Wenzel Merklas.

(Mit 1 Tafel und 3 Holzschnitten.)

Von der änssersten westlichen Höhe des Branisko-Passes (ungefähr 2300 F. über der Meeresfläche)
eröffnet sich dem Reisenden eine der schönsten Aussichten über den östlichen Theil des Zipserlan-
des. Im fernen Hintergründe ragen die Riesen der Tatra über die Leutschauer Höhen empor, links
schweift das Auge über düster bewaldete Gebirgskämme, die von dem mächtigen Königsberge bis
in die Gegend von Kaschau streichen; rechts wird der Horizont von sanft ansteigenden Hügeln
begrenzt; uns gegenüber breitet sich eine theils wellige, tlieils ebene Thalfläche aus, mit der wich-
tigen Heerstrasse, welche von Eperies kommend den mittleren Theil des Zipser Comitates durch-
schneidet und, bei Mahalocz in zwei Äste sich spaltend, den einen nördlich nach Galizien, den
anderen westlich in die Liptau entsendet. Die anerkannt schönste Partie dieses landschaftlichen
Bildes entfaltet sich in dem Thale von Kirchdrauf; der pittoreske Kegel des . Schlossberges,
auf dessen Scheitel die Ruine des Zipserhauses thront, und die Anhöhe, wo die Zipser Kathe-
drale und die Gebäude der bischöflichen Residenz, des Seminars und des Domcapitels, mit
Mauern und Thürmen umgürtet, ähnlich einer kleinen Stadt, sich lagern. Die beiden Reste einer
fernen Vorzeit, der ehrwürdige Dom und die Burg erhöhen nicht nur die Anmuth der Landschaft,
sondern sie verbreiten auch über dieselbe einen eigentümlichen romantischen Zauber, welcher uns
errinnert, dass wir hier auf einem geschichtlich merkwürdigen Boden stehen. In der That sehen
wir in der Kathedrale eine der ältesten Kirchen Ungarns, deren erste Gründung über die Marken
der beglaubigten Geschichte hinausreicht, und das Zipserhaus stellt uns ungeachtet seiner Verödung
noch immer das Bild einer stattlichen mittelalterlichen Veste vor die Augen. Von hier ging über-
dies die kirchliche und weltliche Regierung des, wegen seiner ethnographischen Verhältnisse inter-
essanten Zipserlandes aus, und hier war nicht selten der Schauplatz von Ereignissen, die zu den
gewaltigen, das Ungarnland erschütternden Stürmen in näherer oder fernerer Beziehung standen;
es dürfte sich demnach eine nähere Betrachtung dieser beiden altersgrauen Denkmale von selbst
rechtfertigen, und wir erlauben uns — da die Kathedrale bereits im Jahrgange 1861 der Mitthei-
lungen ihren Platz gefunden — auch dem Zipserliause einige Blätter zu widmen.
Die Frage: zu welcher Zeit und von wem das Zipserhaus gegründet worden, wird bei dem
Schweigen aller bekannten historischen Quellen kaum zu einer befriedigenden Lösung gelangen.
 
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