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Meyer, Gustav [Hrsg.]
Lehrbuch der schönen Gartenkunst: mit besonderer Rücksicht auf die praktische Ausführung von Gärten und Parkanlagen — Berlin, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.19763#0009
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Vorwort zur ersten Auflage,

Eine langjährige Berufstätigkeit in der bildenden Gartenkunst und mannigfache Unterredungen über
den Gegenstand mit denkenden Gartenbesitzern haben den Verfasser das Bedürfnifs einer zeitgemäßen,
umfassenden Schrift über diesen Gegenstand längst erkennen lassen und zur Herausgabe vorliegenden
„Lehrbuches" bestimmt, welches in der Hauptsache bereits seit mehreren Jahren fertig lag, m der
Vollendung aber durch Mangel an Zeit verzögert wurde.

Inzwischen sind zwar mehrere Schriften über einzelne Theile des Gegenstandes erschienen, indessen keine,
welche das Ganze desselben in gedrängter Kürze umfafste und dieses Lehrbuch etwa entbehrlich machte; ein-
zelne Theile sogar sind bisher noch gar nicht zeitgemäfs bearbeitet worden, und nirgends z. B. ist eine grund-
liche Anleitung für die technische Ausführung von Gartenanlagen zu finden.

Unter solchen Umständen war dem angehenden Gartenkünstler das Studium der Kunst aufscrordentlich
erschwert, und dem Guts- oder Gartenbesitzer war es beinahe unmöglich, sich über einigermafsen wesentliche
Punkte in der Anordnung und Ausführung von Garten- und Parkanlagen, aufser in dem sehr verdienstlichen,
aber doch kostspieligen Werke des Fürsten Pückler-Muskau Durchlaucht Raths zu erholen. Oft, wo eine nicht
bereits schon leidenschaftlich gewordene Zuneigung zu dieser Kunst vorhanden war, wandte man sich auch,
müde des erfolglosen Suchens nach festbegründeten Regeln, von der Literatur gänzlich ab, und versuchte nach
seinem eigenen Geschmacke, wie solcher durch Anschauung der zum Theil sehr unvollkommenen Werke Ande-
rer und aus dem eigenen Bildungsgange sich entwickelt hatte, seine Umgebung einzurichten. Gewifs ist, dafs
selbst auf diesem Wege manches Erfreuliche hervorgegangen ist; aber dem zur Seite sind mehr Carricaturen
von Gärten als wirkliche Gärten entstanden.

Wie oft wird ferner auch Klage darüber gehört, dafs anerkannt tüchtige Gartenkünstler ganzen Gegenden
fehlen, welcher Umstand Viele bestimmt hat selbst schon von dem Anfange einer eigentlichen Verschönerung
ihrer Umgebung abzustehen, ungeachtet man es wohl fühlte oder wufste, dafs der Mann von innerem Adel, von
Geist und feiner Sitte mit seiner äufseren Umgebung sich nicht im Widerspruche befinden dürfe; dafs vielmehr
der ordnende Geist des Besitzers in einer entsprechenden Umgebung seiner Wohnung, welche der öffentlichen
ßeurtheilung ausgesetzt ist, zu erkennen sein müsse.

Dergleichen anerkennenswerthe, auf die Verschönerung der Umgebung gerichtete Bestrebungen sollten
durch diese Schrift unterstützt werden. Wie diese dem angehenden Gartenkünstler das Notwendigste und
Wesentlichste als Grundlage zu seiner Ausbildung bieten und ihm das weite Feld seines Studiums aufzeigen
und ihn auf den rechten Weg führen sollte, auf dem er seine Studien vortheilhaft fortzusetzen habe, so sollte
sie hinwiederum die Freunde dieser Kunst, die Guts- und Gartenbesitzer, in möglichst kurz gefafster Erläu-
terung der Grundsätze in den Stand setzen, erforderlichen Falles ihre Verschönerungs-Anlagen selbst zu leiten,
oder doch die Grundgedanken der Verschönerung selbst anzugeben und bei der Ausführung einen, dem Ganzen
zum Vortheil gereichenden, persönlichen Einflufs auszuüben.

Die Erreichung dieses Zieles bedingte noth wendig, dafs keine Frage über irgend einen wesentlichen Punkt
des Gegenstandes unbeantwortet blieb, die Theorie und technische Ausführung so viel als möglich getrennt von
einander behandelt, und die Grundsätze in überzeugender Weise aus der Natur und aus allgemein giltigen ästhe-
tischen Grundsätzen abgeleitet wurden. Es durfte ferner bei dem bezeichneten Leserkreise vorausgesetzt und
 
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