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Meyer, Gustav [Hrsg.]
Lehrbuch der schönen Gartenkunst: mit besonderer Rücksicht auf die praktische Ausführung von Gärten und Parkanlagen — Berlin, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.19763#0083
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III. Abschnitt.

Ueber Hausgärten in Städten und Vorstädten.

Wie es meist die sehr geringe Räumlichkeit städtischer Gärten mit
sich bringt, kann es bei ihrer Anlage nicht auf Einrichtung pittoresker
Naturscenerie abgesehen werden, sondern mir darauf ankommen durch
eine entsprechende Auswahl an sich schöner Natur- und Kunstgegen-
stände — besonders schöner Blumen, Sträucher und Bäume — und
deren Anordnung zu einem wohlgefälligen Ganzen den Aufenthalt im
Freien angenehm zu machen, den nöthigen .Schutz zu erzeugen, Gelegen-
heit zu einiger Bewegung zu verschaffen und einige anmuthige Sitzplätze
oder Standpunkte mit dem Blick in die Umgebung oder auf geeignete
Gegenstände des Gartens selber einzurichten, welches in regelmäfsiger
oder unregelmäfsiger Form geschehen kann, jenachdem der Garteuraum
mit seiner näheren Umgebung für die eine oder die andere dieser Formen
oder für die Vereinigung beider am besten sich eignet, und wobei die
Grundsätze zu berücksichtigen sind, welche für die Anordnung unregel-
mäfsiger Scenerie von einem Hauptstandpuukte aus , für die Anordnung
regelmäfsiger Partieen um die Wohnung und für die Einrichtung des
Pleasureground's vorangehend dargestellt worden sind.

Kann man, wie es bei bemittelten Besitzern in Vorstädten häufig
vorkommt, über einen verhältnifsmäfsig großen Kaum gebieten, so kann
die Einrichtung derjenigen eines Pleasureground's ganz ähnlich sein;
meist jedoch wird die Hausfrau noch den Wunsch haben, dafs für die
aufsergewöhnlichen Bedürfnisse der Küche ein Stückchen Land für
Suppenkräuter bestimmt oder für die Kinder eine kleine Abtheilung mit
Erdbeeren, Fruchtsträuchern und einigen Obstbäumen besetzt, oder ein
sogenannter kleiner Nasch garten eingerichtet werde; nicht selten ist
auch ein Plätzchen zum Turnen für die Kinder erwünscht und ohne
Beeinträchtigung des Ganzen recht gut anzubringen. Immerhin aber
müssen diese Gegenstände von dem Wohnhause aus möglichst dem Auge
entzogen und daher meist zur Seite desselben, in einer Ecke oder zu
Ende des Gartens angebracht werden. Die der Mittagssonne zugäng-
lichen Grenzmauern oder Zäune können meist zu gern besuchten Lauben-
gängen eingerichtet und mit edlem Wein berankt werden; anderen
Falles kann man sie mit Spalierobstbäumen, besonders mit Pfirsich
und Aprikosen besetzen und diese Nutzanlage von den eigentlichen
Spaziergängen aus durch niedrige Strauchpflanzungen dem Auge ent-
ziehen ohne der Obstwand zu schaden. Durch Verwandlung solcher

Umwährungen in Laubengänge und deren Verbindung mit [dem Nasch-
garten , ' durch die Anwendung von Festons und anderen Gegenständen
dekorativen Charakters ist es sehr leicht möglich dergleichen Nutz-
anlagen als rein schöne Einrichtungen erscheinen zu lassen und ein um
so anhaltenderes Interesse daran zu erwecken. Ebenso sind Fontainen,
welche von dem Kraftüberschusse der Dampfmaschine einer Fabrik ge-
trieben werden oder ein kleiner, eben dorther in Gestalt einer Quelle
entspringender Riesel, welcher einen Theil der Grasplätze und Pflan-
zungen durcheilt und befruchtet, eine höchst erfreuliche Erscheinung in
solchen Gärten.

Wo der Gartenraum von hohen Gebäuden umschlossen und sehr
eng ist, sodafs selbst wenige hohe Bäume zur Deckung der Wände
nicht angepflanzt werden können, kann man die Wände mit Epheu und
Schling- und Kletterpflanzen verschiedener Art so dicht und zum Theil
blumig beranken, dafs sie sich nicht mehr als lästige Begrenzungen
darstellen, zumal wenn man auf einigen Stellen die Kletterpflanzen
durch geschicktes Anbringen von knorrigen Aesten zu gröfseren Par-
tieen nachlässig herabhängen läfst. So beschaffene kleine Gärtchen
vertragen überdies viel Immergrün und können mit einigem Blumen-
schmuck auf grünem Grunde aus Epheu oder Rasen bei sorgfältiger
Unterhaltung — wie die Viridarien der Römer — in grofsen Städten
zu höchst angenehmen Erholungsplätzen für die Familie werden, zumal
wenn man sie aus einer angrenzenden offenen Halle oder einem Garten-
Salon überschauen und auch des Abends und bei sehlechtem Wetter
geniefsen kann.

Für die Gruppirung der Gehölze in gröfseren Vorstadtgärten gelten
die bei Abhandlung des Pleasureground's im Allgemeinen bezeichneten
und in dem Abschnitte über die Gehölzgruppirung weiter ausgeführten
Grundsätze; bei kleineren Gärten wird man zwar aus nahe liegenden
Gründen von einer solchen nach klimatischen und landschaftlichen Vege-
tationscharakteren auszuführenden Gruppirung absehen müssen, aber nie-
mals umhin können, die daraus abgeleiteten Grundsätze für die Zusam-
menstellung der Gehölze nach Blattform und Blattgröfse, wie in dem vorhin
genannten Abschnitte näher erläutert werden wird, zu befolgen.

Die auf Taf. XVIII und XIX dargestellten fünf Hausgärten mögen
als Beispiele der Anordnung von derartigen Gärten dienen. —
 
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