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Zweites Capitel. Der Uebergangsstil. II. Die Mediceer-Bank.

Bianca, ihrer Kinder und vieler anderen Herren und Grofsen des Herzoglichen Hofes
neben den Porträts von acht römischen Kaisern. Michelozzo selbst fügte das Bildnifs Cosimos
hinzu; und in allen Gemächern war in abwechsclungsrcicher Art dessen Wappen und sein
Sinnbild, der Falke mit dem Diamant, angebracht. Der Schöpfer aller dieser Malereien
war Vincenzo Foppa, ein damals in der Lombardei hochgeschätzter Meister.“
Wie so häufig, hat der Aretiner auch hier die Angaben seines ausnahmsweise
genannten Gewährmannes nicht genau wiedergegeben. Filarete handelt im XXV. Buche
seines Tractatcs, welches das ganze Werk unvermittelt mit einem Lobspruch auf die fürst-
lichen Bauherren Cosimo, Piero und Giovanni di Medici beschliefst, von diesem Mediceer -

Palast in Mailand allerdings sehr eingehend’) und berichtet bezüglich seiner Wiederherstel-
lung, dafs die Baugelder von dem Florentiner Geschäftsträger der Medici in Mailand, dem
Leiter der dortigen Filialbank, Pigello Portinari ausgezahlt wurden, aber den Namen
Michelozzo nennt er nicht, er erwähnt denselben in seinem ganzen Werk
überhaupt nur ein einziges Mal1 2) und zwar unter Florentiner Zeitgenossen,
ohne Verbindung mit einer bestimmten Arbeit. Da Filarete sich im übrigen
durch seine ausführliche, stellen weis freilich etwas confuse Beschreibung als
ganz genau mit dem Bau dieses banco Mcdicco vertraut erweist, ist dieses
Verschweigen des Künstlernamens auffällig genug. Ist cs Absicht, und etwa
aus Eifersucht gegen den Landsmann zu erklären? — Wie dem auch sei:
auf Filarete beruft sich Vasari bei seiner Angabe mit Unrecht, und da für
dieselbe überhaupt keine frühere literarische Quelle nachweisbar ist — auch
Marcanton Michiel, der ,,Anonymus Morelli“ nennt den Künsternamen nicht3)
— so kann dieselbe füglich höchstens als Ausdruck einer zu seiner Zeit in
Florenz verbreiteten Ueberlieferung gelten.
Allein diese ist in der That schon an sich, im Hinblick auf die Bau-
herren, begreiflich. Mit dem Namen der Medici ist dieser Mailänder Bau
verbunden, als deren ,,Hofarchitekt“ aber erscheint damals so recht eigent-
lich Michelozzo, und bei dessen bekannten Beziehungen zu Cosimo liegt cs
durchaus nah, dafs dieser den ihm von Sforza 14554) geschenkten Mailänder
Palast von demselben Künstler vergröfsern und verschönern liefs, der seinen
Familienpalast in Florenz selbst geschaffen hatte.
Zeitlich führt uns Filarctcs Beschreibung übrigens noch mitten in
die Bauthätigkeit selbst ein. Die Schilderung des banco Mcdiceo bildet
jetzt den Schlufs des unvollendeten Tractates, der in der ersten Hälfte
des Jahres 1446 niedergeschrieben ist, und Filarete betont ausdrücklich,
dafs damals weder der Umbau, noch die Ausschmückung vollendet war.
„Eben erst hatte Vincenzo Foppa links im Hof unter dem Säulengang das
Bildnifs Trajans gemalt, aber man sah bereits vielfach die Wappen und Devisen der Medici
und der Sforza angebracht und plante den Ankauf mehrerer Häuser, um die Fagade des
Palastes günstiger zu gestalten.“ Filarete fügt hinzu, Pigello Portinari habe das Weitere
mit ihm — Filarete selbst — berathen, aber die Thatsachc, dafs er, der seine Leistungen
doch so gerne erwähnt, im übrigen diesen Bau nicht unter seinen eigenen Werken auf-
zählt, beweist, dafs er einen wesentlichen, unmittelbaren Antheil an demselben nicht besitzt.
Stilgeschichtlich steht dieser banco Mcdicco mit der durch Filaretes eigene Mailänder
Werke bezeichneten Kunstrichtung allerdings im innigsten Zusammenhang.
Seine Beschreibung im „Tractat“ ist unter mehreren Gesichtspunkten besonders
interessant. Ein Bild fürstlicher Pracht entrollt sich. Dem Namen nach war der Bau ein


Abb. 58.
Standarten-
trägerin am
Portal der
Mediceer-Bank
in Mailand.
(Mailand.
Museo
Archeologico.)

Geschäftshaus, in Wirklichkeit aber ein Palast. Für Cosimo und seinen Vertreter —

1) Tractat ed. Oettingen S. 679 ff.
2) a. a. O. S. 212.
3) ed. Frimmel. Wien 1888. S. 48. Seine Beschreibung stimmt im allgemeinen mit der Fila-
retes überein.
4) Vergl. C. Casati, Documenti sul Palazzo chiamato „il banco Mediceo“. Archiv. Stör. Lomb.
1885. S. 582 ff. Schenkungsurkunde vom 20. August 1455. Das Haus war im Besitz der Bossi gewesen.
 
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