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Vorstufen.

„Et come de’ grandi signiori e fama, cosi a
quasi uno heffetto lo hcdificio; in suo grado 1’ uno
pell’altro rende lunga fama a noi di loro.“
Antonio Averlino Filarcte.

ie Visconti zählen zu den Hauptvertretern der rechtmäfsig gewordenen Tyrannis,
zugleich aber auch zu den ersten fürstlichen Schirmherren und Förderern der
I Renaissancecultur. Schon im Beginn des 14. Jahrhunderts hatte Azzo seinem
, Geschlecht diese stolze Bahn gewiesen, am glänzendsten aber stand deren Ziel
des Trecento von Giangaleazzo. Seine politischen, durch frühen Tod ver-
eitelten Pläne schweifen bis zur Königskrone, seine künstlerischen, nicht minder hoch
und eines grofsen Herrschers würdig, freilich wohl oft auch von politischer Berechnung
geleitet, spiegeln sich in drei der gewaltigsten Schöpfungen des Trecento. Eine Kathe-
drale, deren leuchtender Marmorwald an das fromme Märchenbild des Graltempels gemahnt,
ein Kloster, über dessen Kirche und Hallen die Kunst das reichste Füllhorn ihrer Gaben
verschwenderisch geleert hat, ein Fürstensitz, halb Festung, halb Palast — das sind die
drei Werke in der Eombardei, welche, allerdings mit ungleichem Recht, mit seinem Namen
verbunden werden, zugleich drei bleibende Centralstätten der lombardischen Kunst unter
allen seinen Nachfolgern: der Mailänder Dom, die Certosa und das Castell zu Pavia.
Als Wunder preisen sie die Zeitgenossen: der Dom „an Gröfse und Pracht allen
Kirchen der Christenheit überlegen“, die Certosa „das herrlichste aller Klöster“, das Castell
„in Italien unübertroffen“! — Die Nachwelt steht diesen Schöpfungen anders gegenüber.
Ihr Urtheil erfolgt schon äufserlich unter gänzlich veränderten Bedingungen. Von dem
stolzen Schlofs der Visconti in Pavia giebt der heutige Bau nur völlig entstellte Kunde;
die Certosa ist in ein Museum verwandelt: in einsamer Flachlandschaft ruht sie wie im
Zauberschlaf, ohne jeden Zusammenhang mit der Gegenwart; der Mailänder Dom endlich
ist zwar noch heute das Wahrzeichen der Eombardei, aber nicht mehr als das einheitliche
Werk, welches seine Schöpfer erträumten, sondern gleichsam als ein versteinertes Rechen-
exempel, dem trotz mannigfacher Versuche die vollständige Eösung fehlt.
Auch über den persönlichen Antheil des Mailänder Fürstengeschlcchts, besonders
des Giangaleazzo, an diesen Werken mufs das Urtheil heute etwas anders lauten als bei
den höfischen Chronisten, wenigstens für den Dom. Kein Document bestätigt, dafs
Giangaleazzo an seinem Erstehen unmittelbar initiativ betheiligt ist. Der Conte di Virtü
hat auch hier die Frucht jenes klugen Gebahrens geerntet, dem er seine politischen Erfolge
dankt: er hat sich zum Herrn der gegebenen Verhältnisse gemacht, die ihm ein erwünschtes
Mittel boten, seine Beliebtheit bei Geistlichkeit und Volk zu steigern und das letztere von
den politischen Dingen zwanglos abzulenken. Mailand bedurfte eines neuen Domes. Die
alte, wiederholt umgebaute Basilica Sa. Maria Maggiore, welche 1353 durch den Einsturz
ihres hohen Campaniles halb zerstört worden war, genügte weder den äufseren kirchlichen
Anforderungen, noch der communalen Bedeutung der lombardischen Hauptstadt im Ver-
gleich mit ihren Nebenbuhlerinnen in Italien, ja auch nur mit den kleineren Städten in
der Lombardei selbst. Clerus und Volk begrüfsten den Plan, eine neue Kathedrale zu
erbauen, mit Begeisterung, gleichviel, wer demselben zuerst Worte geliehen haben mag.
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am Ende
 
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