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Michelozzos Decorationsstil.

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Abb. 64. Gigant am Mailänder Dom.

als Brunclleschi und Donatcllo, und bcsafs für die Reize dieses Geschmackes, die ihm bei
seinem Aufenthalt in Venedig entgegentreten mufsten, sehr wohl genügende Aufnahme-
fähigkeit, gröfsere vielleicht, als Filarcte. Aber in weit stärkerem Grade noch, als die
Intentionen Filaretes, der völlig in den Dienst des Mailänder Machthabers übergetreten
war und die Ausführungsarbeiten selbst überwachen konnte, mufsten die künstlerischen
Absichten Michelozzos unter den Händen der Mailänder Bildhauer abgewandelt werden,
besonders im Figürlichen.1) Für den Vorgang selbst, dafs er lediglich die Entwürfe nach
Mailand gesandt habe, lassen
Michelozzo habe Zeichnungen
zu sechs Fenstern mit Mediceer-
wappen für die Peterskirche
nach Rom geschickt.2) Und
gegen Michelozzos persön-
lichen Antheil spricht der
Kunstwerth und Stil selbst.
Nach allem, was wir von
Michelozzos figürlicher Plastik
grofsen Mafsstabes wissen, ist
die Annahme, dafs er an den
Bild schmuck des Portales selbst
Hand angelegt habe, unbedingt
zurückzuweisen. Von allen den
Frauengestalten der tosca-
nischen Plastik, die man mit
gröfsercr oder geringerer Wahr-
scheinlichkeit dem Michelozzo
zuschreiben darf, den Caryatiden
des Coscia - Denkmales im
Florentiner Baptisterium an der
Spitze, kann auch kein einziger
Zug zu den beiden Standarten-
trägerinnen des Mailänder Por-
tales einen Uebcrgang vermit-
teln, und nicht anders steht
es hinsichtlich der stilistischen
Details der beiden Krieger, und
theilweise selbst der Cherubim
und Putten. Dagegen wird sich
zeigen, dafs in den Hauptwerken
lombardischer Plastik, be-
sonders in denen Omodeos,
fort und fort Analogien zum
plastischen Schmuck dieses Portales auftauchen. Mit gröfster Wahrscheinlichkeit also darf
man auch bei diesem Portal und überhaupt bei der ganzen plastischen Decoration des
Palastes, einen wesentlichen Antheil der Lombarden, speciell vielleicht auch des jungen
Omodeo, annehmen, eine ja auch der Tradition und den gegebenen Verhältnissen durchaus
entsprechende Arbcitstheilung! Dabei fiel wie am Hospital, so auch hier ein Hauptantheil
der Terracottaplastik zu, die in Mailand von Alters her heimisch war. So Bedeutendes,

sich zahllose Analogien anführen. So berichtet Vasari,

1) Ein mittelbarer Einflufs der florentiner Kunst läfst sich auch bei anderen gleichzeitigen
Mailänder Bauten voraussetzen, an denen die Portinari als Spender der Baugelder betheiligt sind; so
besonders bei S. Pietro in Gessate, vergl. Mongeri, a. a. O. S. 182 ff. Man beachte besonders auch
die mit Halbfigürchen geschmückten Gewölbeconsolen in der Sacristei.
2) So heifst es von Michelozzo im Codex Magliab. XVII, 17, der Bezeichnung Vasaris völlig
analog: ,,a Perugia per suo ordine si fece una rocca“. Ed. Frey. S. 89.
 
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