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Siebentes Capitel.

Die Miracoli-Kirche, die „Loggia“ und kleinere
Denkmäler Brescias.

„Brixia magna potens Marco dominante triumphat.“

rescias Geschick lehrt, wie unglücklich Italiens politische Verhältnisse des
fünfzehnten Jahrhunderts auf die kleineren Gemeinwesen zurückwirkten. Den
grofsen Centren, wie Florenz, Venedig, Mailand, boten die zum Theil von
ihnen selbst ausgehenden Schwankungen und Wandlungen der politischen Macht
bei allem Schaden eine nicht zu unterschätzende Förderung ihres Culturlebens. Die Ur-
kraft desselben war eben stark genug, um gleichmäfsiger Pflege entrathen zu können,
und die wechselreichen Stürme des historisch-politischen Himmels bewährten an ihr mehr
ihren stählenden, als ihren zerstörenden Einflufs. Wo jedoch der Boden für die Entfaltung
nationaler Eigenart an sich weniger günstig war, wurde ein Krieg nur zu häufig zu einem
verheerenden Wirbel, der die Keime einer Culturblüthe für lange Zeit schädigte, wenn
nicht gänzlich vernichtete.
Die Provinz Brescia bildete, seitdem die Stadt in den Kämpfen zwischen den
Guelfen und Ghibellinen 1330 endgültig ihre Unabhängigkeit eingebüfst hatte, dauernd
einen Zankapfel für die wechselnden persönlichen und staatlichen Machthaber der Nach-
barländer. „Von den letzten Ausläufern der Brescianer Thäler bis zu der grofsen Curve
des Olio-Flusses und den Ufern des Gardasees ein dauerndes Gemetzel streitbarer Haufen,
deren zügellose Willkür oft mehr auf Beute als auf Sieg und Ruhm ausging, ein heftiges
Streiten um die festen Plätze, die der Sieger meist ebenso schnell wieder verlor wie er sie
erobert hatte“ — das ist das Gesamtbild der Kriegsführung des Quattrocento im brescia-
nischen Gebiet, und nicht nur als Kampfpreis, sondern gleich häufig als Kauf- und
Pfandgut fielen die Städte und Castelle einem neuen Herren zu.
Schwer lasteten diese Verhältnisse auf dem Heben der Hauptstadt. Farblos und
beengt erscheint dasselbe im Vergleich mit der glänzenden Blüthe, welche die Rcnaissance-
cultur unter dem persönlichen Einflufs der Machthaber selbst in Mantua, in Ferrara, in
Urbino, in Rimini entwickelt.
Und dennoch war die Renaissancestimmung aus den so oft bestürmten Mauern
Brescias keineswegs stets gebannt. Fast rührend ist es, zu beobachten, dafs jede auch
noch so kurz bemessene Frist zwischen den Kämpfen, ja selbst jede nur einigermafsen
gefestete Ordnung im Inneren, sogleich den künstlerischen Trieb erweckt.1) Eine solche


1) Vergl. zum folgenden Gabriele Rosa, L’ arte nella storia Bresciana. Milano 1878, und
besonders Odorici, Storie Bresciane. Brescia 1882.
Meyer, Oberitalienische Frührenaissance, II. 29
 
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