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Meyer, Johann Heinrich
Die bühnenschriftstellerische Tätigkeit des Freiherrn Wolfgang Heribert v. Dalberg — Heidelberg: Buch- und Kunstdruckerei von Carl Pfeffer, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.56547#0023
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auseiiiandersetzt, der überhaupt den Vers aus dem Drama ver;
bannt wissen wollte.
Die Musterstücke der Griechen und Römer, argumentiert
v. Stengel, seien alle in Versen geschrieben und die Illusion
sei doch vollkommen, was Beaumarchais bestritten habe. Die
jungen Dichter sollten mindestens ihre ersten Versuche inVersen
schreiben, und kein Stück ohne diese Form gedruckt und auf
die Bühne gebracht werden. Das Maß der Gäsur und der
Zwang des Metrums würden „ihre Perioden ründen, ihren Aus-
druck wählen, und sie an Präzision und Richtigkeit der Sprache
gewöhnen lernen, wovon man in ihrer geradebrechten, schlep-
penden, unsinnigen Prosa keine Spur trifft.“ Für die Schau-
spieler würde die metrische Form Präzision im Vortrag, Accen-
tuierung und Nüancierung, erhabenes Spiel und eine nicht durch
Dialekte gestörte Aussprache bewirken. 1787 wurden zwei
von Dalberg verfasste Dramen in Jamben aufgeführt, der
„Mönch vom Carmel“ und „Montesquieu oder die unbekannte
Wohltat“. Im Vorwort zu der Buchausgabe des „Mönch vom
Carmel“, das als „Schreiben an Herrn Gotter“, der übrigens
für Dalberg Autorität in dramatisch-technischen und ästhetischen
Dingen war, verbreitete sich der Verfasser über Wert oder
Unwert des Verses, indem er zugleich gegen Engel polemisiert,
dessen „Ideen zu einer Mimik“ kurz vorher erschienen waren.
Hierin hatte er behauptet, Versmaße seien aus Natur und
Zweck des dramatischen Dichters verglichen, mit Natur und Zweck
der Versifikation, unpassend und daher entschieden zu verwerfen.
Nach Dalbergs Auffassung ist es allerdings Aufgabe der
Kunst, „die Natur so treu als möglich darzustellen“, aber nur
die schöne Natur. Deshalb schiene Prosa die richtige Sprach-
form des Dramas zu sein; ferner gebe er zu, dass die Versi-
fikation den Dichter häufig zwinge, Sätze zu bilden, die im
gewöhnlichen Leben nicht vorkommen. Aber ein Drama be-
stehe doch nicht aus alltäglichen Gesprächen, führt er aus, es
müssten doch auch Empfindungen und Gefühle geschildert
werden, die über die kleinen Erregungen des Alltaglebens
hinausgingen. Eine Prosa, die das vermöchte, könne es wohl

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