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Huth, Volkhard; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Staufische "Reichshistoriographie" und scholastische Intellektualität: das elsässische Augustinerchorherrenstift Marbach im Spannungsfeld von regionaler Überlieferung und universalem Horizont — Mittelalter-Forschungen, Band 14: Ostfildern, 2004

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https://doi.org/10.11588/diglit.34728#0132

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II. Historische Soziologie elsässischer Gelehrtenkultur

zen abzeichnende Netz dem Stift aussichtsreiche Mittel und Wege, an überre-
gionalen Entwicklungen aktiv teilzuhaben: seien es theologische Auseinan-
dersetzungen, politische Kämpfe oder eben auch wissenschaftlich-intellek-
tuelle Formationsprozesse. Die eingangs skizzierten Überlieferungsverhält-
nisse ", wonach hofnahe Autoren und Werke oder bestimmte Fassungen
dieser Werke stauferzeitlicher >Reichshistoriographie< ausschließlich für das
Elsaß greifbar sind und näherhin Berührungen mit dem Stift Marbach aufzu-
weisen scheinen, gewinnen ihre polyvalente Bedeutung erst in dieser Positi-
onsbestimmung.
Doch läßt sich darüber hinaus bei durchgängiger Parallelisierung der di-
versen Beziehungsfelder und Berührungsflächen bisweilen noch genauer
klären, welche Personen und Gruppen im einzelnen an diesem Überliefe-
rungsnetzwerk tatkräftig mitwoben, desgleichen, wo ihre Aktions- und Reso-
nanzräume lagen und wie diese einzuschätzen sind. So betrachtet, gehen
Überlieferungsbefunde und beteiligte Personen wie Gemeinschaften Ver-
knüpfungen ein: Sie werden damit, zumindest teilweise, in ihre einstigen
Wirkzusammenhänge zurückverwiesen, aus denen sie Überlieferungsverluste
und -Verwerfungen heraus gelöst und damit jeweils auch am konkreten Ort
der späteren Erinnerungstradition entzogen haben.

Pantaleon bekannt war oder er spätestens in Marbach erfuhr, bereits Erasmus zu schätzen
gewußt, der sie allerdings erst nach der mutwilligen (Teil-) Verbrennung von 1525 hat nut-
zen können; vgl. Prosopographise Herovm ... pars tertia, Basel 1566, S. 447. Jedenfalls hatte
Erasmus nach einer in Marbach gefundenen Handschrift 1533 zu Freiburg im Breisgau den
Psalmenkommentar des (Pseudo-) Haimo von Halberstadt herausgegeben; vgl. die Vorrede
ebd., S. 3: Exemplar exE;EMif MeHeraMe Mormsfenüm Canonz'corMm regMlanüm MMigo cL'chm? Mar-
pacE in Eisah'a, reipMz'as inaMspicnh'ssnm famMÜMS agn'coiaram. Erasmus erlag bei seiner Auto-
renzuschreibung einer Suggestion des Trithemius, dessen Haimo-Kurzbiographie bezeich-
nender Weise vor Beginn des Textes abgedruckt wurde. Zur Forschungskontroverse um den
tatsächlichen Urheber des Kommentars möchte ich mich andernorts ausführlich äußern; die
bisherige Zuweisung schwankte zwischen Anselm von Laon und eben - Manegold von
Lautenbach! Vgl. WlLMART, Un commentaire des Psaumes (zustimmend: STEGMÜLLER, RB II
1357); LANDGRAF, Zuweisung, zur Vertiefung des Problems über die Zuschreibung von Ma-
negolds Paulus-Glossen (gemäß handschriftlichem Befund in Oxford, Bodl., Ms. Laud. Mise.
216): LOTTIN, Manegold von Lautenbach. Der im späten 13. Jahrhundert im brabantischen
Affligem erstellte >Catalogus uirorum illustrium< notierte als hinterlassene ... mom-
meKfo Manegolds ausschließlich die Kommentare zu den Psalmen und zu den Paulus-
Briefen; vgl. PIÄRING, Literaturkatalog, S. 85 (Cap. 28). Weitere Hinweise s. bei HARTMANN
(Hg.), Manegold, S. 356ff., sowie unten Anm. 514.
380 Vgl. oben bei Anm. 128ff.
 
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