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2. Weitreichende Entscheidungen: Die Krise von 1225/26
beim Kaiser über Engelbert zu beschweren und diesem das Heiratsprojekt direkt vor-
zulegen.47 Doch Friedrich schreckte vor einer Entscheidung zurück - vor allem wohl
aus Rücksicht auf den Papst, der die militärischen Aktionen Ludwigs VIII. gegen das
englische Poitou, welche das Mächtegleichgewicht gefährdeten, scharf verurteilt hatte.^
Da sich der Kaiser einer-, der Erzbischof (mit dem Papst) andererseits in der
Heiratsfrage gegenseitig blockierten, gewannen Anfang 1225 neue Angebote an Gewicht.
Das eine kam von Andreas II. von Ungarn, der eine Gesandtschaft zum Kaiser schickte,
das andere von Ottokar I. von Böhmen. Der Vorschlag des Letzteren wurde Heinrich (VII.)
am 20. Januar 1225 auf dem Hoftag zu Ulm durch den „CMW auftretenden
Pfalzgrafen und Herzog von Bayern, Ludwig I. (den Kelheimer), unterbreitet, dessen
Frau Ludmilla eine Nichte Ottokars I. war. Ottokar bot 30.000 Mark als Mitgift und der
Kelheimer versprach, diesen Betrag noch um weitere 15.000 Mark aufzustocken, wenn
der junge König Agnes von Böhmen ehelichen würde. Diese Details berichtete einige
Wochen später der Erzbischof von Köln, welcher in Ulm anwesend gewesen war, den
englischen Brautwerbern, nicht ohne dabei abwiegelnd hinzuzufügen, Heinrich habe
eine Ehe mit der Böhmin rundheraus abgelehnt.^ Ganz anders lautet freilich eine Notiz
in der Reinhardsbrunner Chronik, in welcher es heißt, Heinrich sei mit Agnes verlobt
worden und dieselbe „auf Rat der deutschen Fürsten" in die Obhut des Herzogs von
Österreich gegeben worden.^ Widersprüchlicher könnten die Nachrichten nicht sein,
impliziert der Reinhardsbrunner Bericht doch zugleich, dass die Fürsten glaubten, auch
den Herzog von Österreich vom englischen Eheprojekt abbringen und für das böhmische
gewinnen zu können. Wem also ist hier Glauben zu schenken?
Verfasser dieses Abschnittes der Crom'c% Pen;7mrdsUu;; ;; e;; s;'s war Berthold, der
Kaplan des Landgrafen Ludwig IV. von Thüringen. Seine persönliche Vertrautheit mit
Frankfurt aus) in Toul ein, wo er auf eine Reihe westdeutscher Fürsten traf, für die die Bezie-
hungen zu Frankreich besonderes Gewicht besaßen. Zu dem Hoftag, seinem Teilnehmerkreis
und den Verhandlungen mit den Franzosen, deren König im nahen Vaucouleurs abwartete, vgl.
BF 3943a/44 sowie die o.g. Literatur, insbes. KiENAST, Deutschland und Frankreich, S. 587f.;
THORAU, Heinrich (VII.), S. 237f. Siehe auch unten S. 128f.
^ Dies geht aus einem Bericht Walters von Carlisle von etwa Mitte Februar hervor, vgl. SmRLEY
(Hg.), Royal letters Nr. 213 = JEAN-Louis-ALPHONSE HuiLLARD-BREHOLLES, Historia diploma-
tica Frederici secundi sive constitutiones, privilegia, mandata, instrumenta quae supersunt
istius imperatoris et filiorum eius, 6 Bde., Paris 1852-1861, hier: Bd. 2, S. 833-839. Siehe auch
das Regest in REK III/1, Nr. 482. Berichte englischer Agenten an der Kurie vom Dezember
1224 erwähnen ebenfalls die französische Gesandtschaft an den Kaiser und betonen, auch der
in Toul anwesend gewesene päpstliche Legat für Deutschland, Kardinal Konrad von Urach,
hätte den französischen Plänen entgegengearbeitet (BF 10929). Zur Haltung der Kurie siehe
auch die nächste Anm.
48 Vgl. das päpstliche Schreiben vom 3.8.1224 mit Kritik am Vorgehen Ludwigs VIII. gegen die
Engländer (BF 6584). Im Februar 1225 forderte er Ludwig auf, die den Engländern entrissenen
Gebiete zurückzugeben (BF 6599). Der Kaiser versuchte immerhin, durch eigene Gesandte
Fürsprache für den König von Frankreich einzulegen, wie die englischen Kuriengesandten am
25.2.1225 aus Rom mitteilten (BF 10938). Doch auch diese Maßnahme wurde durch Erzbischof
Engelbert konterkariert, der den Papst aufforderte, sich gegen ein staufisch-französisches
Bündnis und für die Engländer einzusetzen (KiENAST, Deutschland und Frankreich, S. 588f.).
Dass Friedrich sich damals bemühte, die Heiratsangelegenheit im Einklang mit der Kurie zu
lösen, meldet ein weiterer Berichterstatter (BF 10939).
49 SHiRLEY (Hg.), Royal letters Nr. 213. Zum Hoftag und seinem Teilnehmerkreis vgl. BF 3958a,
3960t. und 10026. Ausführliche Darstellung bei THORAU, Heinrich (VII.), S. 239-245.
88 Siehe das vollständige Zitat der betreffenden Passage aus der Crouz'ca Rein7;anisI;n;n nens;'s
unten S. 102 (Anm. 56), Abschnitt (c).
2. Weitreichende Entscheidungen: Die Krise von 1225/26
beim Kaiser über Engelbert zu beschweren und diesem das Heiratsprojekt direkt vor-
zulegen.47 Doch Friedrich schreckte vor einer Entscheidung zurück - vor allem wohl
aus Rücksicht auf den Papst, der die militärischen Aktionen Ludwigs VIII. gegen das
englische Poitou, welche das Mächtegleichgewicht gefährdeten, scharf verurteilt hatte.^
Da sich der Kaiser einer-, der Erzbischof (mit dem Papst) andererseits in der
Heiratsfrage gegenseitig blockierten, gewannen Anfang 1225 neue Angebote an Gewicht.
Das eine kam von Andreas II. von Ungarn, der eine Gesandtschaft zum Kaiser schickte,
das andere von Ottokar I. von Böhmen. Der Vorschlag des Letzteren wurde Heinrich (VII.)
am 20. Januar 1225 auf dem Hoftag zu Ulm durch den „CMW auftretenden
Pfalzgrafen und Herzog von Bayern, Ludwig I. (den Kelheimer), unterbreitet, dessen
Frau Ludmilla eine Nichte Ottokars I. war. Ottokar bot 30.000 Mark als Mitgift und der
Kelheimer versprach, diesen Betrag noch um weitere 15.000 Mark aufzustocken, wenn
der junge König Agnes von Böhmen ehelichen würde. Diese Details berichtete einige
Wochen später der Erzbischof von Köln, welcher in Ulm anwesend gewesen war, den
englischen Brautwerbern, nicht ohne dabei abwiegelnd hinzuzufügen, Heinrich habe
eine Ehe mit der Böhmin rundheraus abgelehnt.^ Ganz anders lautet freilich eine Notiz
in der Reinhardsbrunner Chronik, in welcher es heißt, Heinrich sei mit Agnes verlobt
worden und dieselbe „auf Rat der deutschen Fürsten" in die Obhut des Herzogs von
Österreich gegeben worden.^ Widersprüchlicher könnten die Nachrichten nicht sein,
impliziert der Reinhardsbrunner Bericht doch zugleich, dass die Fürsten glaubten, auch
den Herzog von Österreich vom englischen Eheprojekt abbringen und für das böhmische
gewinnen zu können. Wem also ist hier Glauben zu schenken?
Verfasser dieses Abschnittes der Crom'c% Pen;7mrdsUu;; ;; e;; s;'s war Berthold, der
Kaplan des Landgrafen Ludwig IV. von Thüringen. Seine persönliche Vertrautheit mit
Frankfurt aus) in Toul ein, wo er auf eine Reihe westdeutscher Fürsten traf, für die die Bezie-
hungen zu Frankreich besonderes Gewicht besaßen. Zu dem Hoftag, seinem Teilnehmerkreis
und den Verhandlungen mit den Franzosen, deren König im nahen Vaucouleurs abwartete, vgl.
BF 3943a/44 sowie die o.g. Literatur, insbes. KiENAST, Deutschland und Frankreich, S. 587f.;
THORAU, Heinrich (VII.), S. 237f. Siehe auch unten S. 128f.
^ Dies geht aus einem Bericht Walters von Carlisle von etwa Mitte Februar hervor, vgl. SmRLEY
(Hg.), Royal letters Nr. 213 = JEAN-Louis-ALPHONSE HuiLLARD-BREHOLLES, Historia diploma-
tica Frederici secundi sive constitutiones, privilegia, mandata, instrumenta quae supersunt
istius imperatoris et filiorum eius, 6 Bde., Paris 1852-1861, hier: Bd. 2, S. 833-839. Siehe auch
das Regest in REK III/1, Nr. 482. Berichte englischer Agenten an der Kurie vom Dezember
1224 erwähnen ebenfalls die französische Gesandtschaft an den Kaiser und betonen, auch der
in Toul anwesend gewesene päpstliche Legat für Deutschland, Kardinal Konrad von Urach,
hätte den französischen Plänen entgegengearbeitet (BF 10929). Zur Haltung der Kurie siehe
auch die nächste Anm.
48 Vgl. das päpstliche Schreiben vom 3.8.1224 mit Kritik am Vorgehen Ludwigs VIII. gegen die
Engländer (BF 6584). Im Februar 1225 forderte er Ludwig auf, die den Engländern entrissenen
Gebiete zurückzugeben (BF 6599). Der Kaiser versuchte immerhin, durch eigene Gesandte
Fürsprache für den König von Frankreich einzulegen, wie die englischen Kuriengesandten am
25.2.1225 aus Rom mitteilten (BF 10938). Doch auch diese Maßnahme wurde durch Erzbischof
Engelbert konterkariert, der den Papst aufforderte, sich gegen ein staufisch-französisches
Bündnis und für die Engländer einzusetzen (KiENAST, Deutschland und Frankreich, S. 588f.).
Dass Friedrich sich damals bemühte, die Heiratsangelegenheit im Einklang mit der Kurie zu
lösen, meldet ein weiterer Berichterstatter (BF 10939).
49 SHiRLEY (Hg.), Royal letters Nr. 213. Zum Hoftag und seinem Teilnehmerkreis vgl. BF 3958a,
3960t. und 10026. Ausführliche Darstellung bei THORAU, Heinrich (VII.), S. 239-245.
88 Siehe das vollständige Zitat der betreffenden Passage aus der Crouz'ca Rein7;anisI;n;n nens;'s
unten S. 102 (Anm. 56), Abschnitt (c).