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Oschema, Klaus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Bilder von Europa im Mittelalter — Mittelalter-Forschungen, Band 43: Ostfildern, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.34759#0361

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Kapitel XIII

die Völker des Westens hierfür ungeeignet mache. Solche Urteile hält Pierre
d'Ailly aber nicht für systematisch ableitbar, sondern möchte sie in die Zu-
ständigkeit der Historiographen verweisend^
Nur selten und dann meist auch knapp wurden die Erdteile als systematisch
relevante Einheiten gefasst, wie es im Werk John Ashendens der Fall war: Unter
Berufung auf Ptolemaeus brachte er an einer Stelle die Viertelung der Ökumene
mit den Erdteilen zur Deckung, die er hier auch explizit nannte. So wurde der
Quadrant zwischen Norden und Westen als »Europa« identifiziert - Hali zu-
folge seien aus diesem Gebiet viele edle Könige hervorgegangen, welche die
gesamte Ökumene regierten oder doch zumindest ihren größten Tei).'^ Trotz
dieses Ansatzes zu einer Zusammenfassung des Erdteils sprach Ashenden im
Folgenden aber konsequent von der pars, die er eben nicht weiter Europa
nannte.'^ Auf der Grundlage der Klimatentheorie konnten folglich im späten
Mittelalter einzelnen Gebieten Europas spezifische Charakteristika zugespro-
chen werden - der Erdteil als Ganzes geriet aber kaum jemals in den Fokus
konkreter Deutungen oder Aufladungsprozesse, obwohl die einschlägige Li-
teratur durchaus das Wissen um die dreigeteilte Struktur intensiv fortschrieb
und fortzeichneted^

4. Religiöse und politische Ordnung -
ein christlicher Erdteil?

Die geringe Bedeutung Europas und der anderen Erdteile im Kontext der Kli-
matentheorie ergab sich weitgehend aus den mathematisch fundierten Grund-
lagen des kosmologischen Modells selbst. Im zitierten »Ymago mundi« Pierre
d'Aillys schien aber daneben auch eine Kategorisierung auf, die in analyti-
scher Hinsicht potentiell einen weiteren Weg zu einer Einheitsvorstellung für
den Erdteil markieren könnte, nämlich die Dimension des Historischen. Der
hiermit angesprochene Zuschnitt steht in Kontrast zur systemorientierten Be-
trachtung der abstrakten kosmologischen Ordnung, da er nicht allgemeine
Regeln für die Ordnung und Anlage des Weltganzen in den Mittelpunkt stellt,
sondern vielmehr die konkrete Ausgestaltung der Erde in ihrer einmaligen und
sichtbaren Verfasstheit. Es geht folglich um das Modell der »Kosmographen«

122 Pierre d'Ailly, Ymago mundi, hg. Buron 1930, Bd. 1, S. 244-248, mit dem Fazit, das Urteil da-
rüber gebühre magis ad Msfon'ograpdos J t?nod ad pdiiosopdos (S. 248). Vgl. zu Louis de Langle
Hustädte 1980, Bd. 2, S. 369: La premissis satis palet t?nod dii tpd snnt de partidns sepfentrionaiidns
ant occidentaiidns sient in Francia uei in Angiia non snnt eornrnnnifer dadiies natnraiiter ad scien-
dnm asüoiogiam, speciaiiter iiiam partem t?ne est dejndiciis astrornm. Ft secnndnm Pfdoiomenm in
Centiiotynio, proposicione .uii"., in seieneia astroiogie iiii possnnt modienm pro/icere qni ad eam non snnt
dadiies ex inciinacione natnre. Qnare seqnifnr qnod secnndnm astroiogiam taies in Jndiciis astrornm
eornrnnnifer non pro^icinnt. Qnapropter non nudfnm est eis danda/ides, maxime qnanfMm ad Jndieia
qne respicinnt e^Jectns fbrfnne.
123 John Ashenden 1489* fol. 43'' (18,2).
124 Ebd., fol. 44? (18,3).
125 Vgl. auch Kap. XIV 4 zur Präsenz Europas im astrologischen Schrifttum des späten Mittelalters.
 
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