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DIE FRÜHEN BILDNISSE
KURFÜRST FRIEDRICHS DES WEISEN
von
MAX L O5SNIEZER
Es gibt für den Historiker, der die Träger unserer politischen und kul-
turellen Entwicklung im zeitgenössischen Bilde zu erkennen bemüht
ist, kein Gebiet, das so zähe und eingehende Kritik erfordert wie die Bildnis-
darstellung des 15. Jahrhunderts. In jedem Denkmal drängt die schwierige
Frage nach dem Naturgefühl des Künstlers zu besonderer Lösung/ ein
starker Hang zu stilisierender, romantischer Auffassung muß ebenso häufig
in Betracht gezogen werden wie das Unvermögen, aus handwerklicher
Schulung heraus zu lebenswahrer Auffassung zu gelangen. Nur in seltenen
Fällen ist es möglich, ein so zahlreiches und zuverlässiges Material zu ver-
einen, um unumstößliche Schlüsse zu ziehen. Erst in der wahrheitsuchenden
Zeit der deutschen Reformation ringt sich der Künstler zu der sicheren
Naturerkenntnis durch, wie sie Dürers Werke bekunden.
Den lückenlosen Beweis für diese Zunahme an innerer Wahrhaftig-
keit wie äußerer Vollendung bringt die stattliche Reihe der Bildnisse des
Kurfürsten Friedrichs des Weisen <1463 —1525>. Wem kommen nicht zu-
nächst bei der Erwähnung dieses Fürsten neben dem vortrefflichen Kupfer-
stich Albrecht Dürers jene zahlreichen Tafelbilder Lukas Cranachs in den
Sinn, wie sie das biedere volle Gesicht des alternden Fürsten mit den
klugen Augen, der grimmig vorgeschobenen Unterlippe, den tiefen Nasen-
falten im Schmucke eines stattlichen Schnurr- und Kinnbartes zeigen? Indes
diese vielverbreiteten Bilder entstammen durchweg den letzten Lebensjahren
Friedrichs,- aus der Blüte seines Lebens sind nur wenige Bilddarstellungen
bekannt geworden — das männlich-trotzige Jugendwerk Albrecht Dürers
im Kaiser-Friedrich-Museum zu Berlin und die reichlich ungeschickte Büste
des Adriano Fiorentino im Albertinum zu Dresden. Allerdings beweisen
die archivalischen Nachrichten, daß Friedrich schon in jungen Jahren an der
bildlichen Darstellung seiner Gestalt und an der Kunst schlechthin Gefallen
fand,- so wird in den Weimarer Rechnungsnotizen ein »Maler von Nurem-
berg« erwähnt, der zu Zwickau am Freitag nach Kiliani <10. Juli> 1489
den Fürsten um den geringen Sold von zwei Gulden porträtieren mußte.
Bruck (Friedrich der Weise als Förderer der Kunst,- Straßburg 1903, S. 289)
stellt diese Rechnung fragweise zu den auf Dürer bezogenen Notizen, indes
ohne nähere Begründung. Vielleicht läßt sich aber doch das Werk ausfindig
machen, für das die Bildnisskizze — denn um eine solche kann es sich an-
gesichts des niederen Preises wohl nur gehandelt haben — bestimmt war.

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