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DIE MEyERSCHE GEMÄLDESAMMLUNG
IN DRESDEN
von
EMIL WALDMANN
Gegenüber dem stark ausgeprägten Charakter der Dresdner Gemälde-
galerie versteht es sich von selbst, daß auch im 19. Jahrhundert noch
das Schwergewicht durchaus auf den alten Meistern liegen mußte. Adel
verpflichtet, und solche Verpflichtung brachte es mit sich, daß diese Galerie
von sich aus der jeweils modernen Kunst immer nur einen begrenzten Spiel-
raum gönnen durfte. Wenn es im Laufe des historisch gesinnten 19. Jahr-
hunderts trotzdem geschah, daß in Sempers Bau auch eine moderne Ab-
teilung eingerichtet wurde, so war das hauptsächlich nur durch die Beihilfe
eines privaten Kunstfreundes möglich: die moderne Abteilung der Dresdner
Galerie, so wie sie sich am Ende des 19. Jahrhunderts darstellte, ist im
wesentlichen das Werk der Pröll-Heuer- Stiftung.
Daß diese Stiftung aber infolge ihres Statuts nicht genügte, um auch
nur einen oberflächlichen Liberblick über das Beste in der Kunst des 19. Jahr-
hunderts zu geben, sieht man daran, daß die Galerie es gelegentlich für
nötig erachtete, nun ihrerseits wieder hier ergänzend einzugreifen. Aber
auch so noch blieben große Lücken. Auszufüllen sind sie heute nur zum
Teil. Das Bild der Kunst des 19. Jahrhunderts wäre daher in Dresden sehr
unvollständig ohne die Arbeit einiger Privatsammler, die unbehindert durch
Statuten und nur ihrem persönlichen Geschmack folgend, das von der mo-
dernen Kunst gekauft haben, was ihnen das Beste schien.
Vor allem die Gemäldesammlung, die der Dresdner Johann Meyer um
die Mitte des 19. Jahrhunderts begründet und in eifriger Arbeit dann aus-
gebaut hat, gibt eine vortreffliche Vorstellung von der modernen Kunst
jener Zeit, und zwar von der »Moderne« ohne Rücksicht auf nationale
Vorurteile. Deutsche und Franzosen wurden von ihm mindestens mit der
gleichen Leidenschaft gesammelt, wenn nicht zeitweilig gar das Schwer-
gewicht und die größere Liebe auf Seiten der Franzosen war. Das Urteil
der Geschichte hat dieser Vorliebe für die damaligen Franzosen längst Recht
gegeben. Ohne sie würde dieser Sammlung heute der wertvollste Mittel-
punkt fehlen. Die Landschafterschule von Fontainebleau ist der Kern, um
den sich fast das ganze Aufgebot der übrigen Meister herumgruppieren läßt.
Es gibt nun sehr wenig Sammlungen, in denen man diese Schule mit so
ausgesuchten Werken kennen lernen kann. Man fühlt hier, daß der Besitzer
dieser Dinge nicht Namen kaufte, sondern Bilder, daß er nicht zufrieden
war, einen Corot oder zwei Corots zu besitzen, sondern daß er unbedingt

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