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DAS BAUTZNER STADTMUSEUM
von
WOLFGANG ROCH
Das Bautzner Museum kann im Jahre 1913 auf ein fünfundvierzig-
jähriges Bestehen zurückblicken. Am 29.Oktober 1868 beschloß der
Rat der Stadt auf Anregung des Gewerbevereins ein Altertumsmuseum
zu gründen und bestimmte zunächst ein Zimmer in einem alten Schul-
gebäude zur Aufnahme von Bautzner und Oberlausitzer Altertümern.
Kurz darauf erklärte sich der Buchhändler Oskar Roesger, auf den wohl
das Vorgehen des Gewerbevereins zurückzuführen ist, bereit, seine Samm-
lung der Stadt leihweise als Stamm des neuen Museums zu überlassen.
Im Oktober 1869 wurde das »Städtische Altertumsmuseum« mit
einem Bestand von mehr als 600 Nummern eröffnet. Zum Pfleger war
Oskar Roesger bestellt, der sich mit großer Liebe dieses Amtes an-
nahm. Seinem Eifer kam die Erbschaft zu Hilfe, die dem Museum 1877
durch das Testament des ehemaligen Appellationsgerichts-Vizepräsidenten
Dr. Stieber zufiel. Durch das eigene Vermögen war nun das Stieber-
museum, wie der Name von da ab lautete, in der Lage sich selbst zu
erhalten und jährlich eine kleine Summe für Ankäufe zu verwenden. Die
Sammlung wuchs,- 1880 mußte für sie ein Stockwerk in einem Wohnhause
an der Innern Lauenstraße ermietet werden, wo sie bis zur Übersiedlung
in das neue Gewandhaus blieb. In den eigens lür dasMuseum geschaffenen
Räumen dieses Gebäudes konnte es im Sommer 1884 wieder eröffnet
werden. So groß und schön das neue Heim für damalige Verhältnisse war,
auf die Dauer konnte es, da jede Erweiterungsmöglichkeit fehlte, seiner
Bestimmung nicht genügen. Denn durch den unermüdlichen, selbstlosen
und aufopfernden Sammeleifer Oskar Roesgers, wuchsen die Bestände in
einer Weise, die eine befriedigende Aufstellung mit der Zeit unmöglich
machte. Ein Gegenstand beeinträchtigte schließlich den anderen und ein schier
unübersehbar großer Teil lag in Schränken, Truhen, Kommoden ver-
schlossen und in Boden= und Kellerräumen verstaut. So dauerte es nicht
lange, und das Museum verlangte abermals gebieterisch nach neuen Räumen,
in denen seine Sammlungen eine ihrem Wert entsprechende Aufstellung
finden und zur rechten Wirkung kommen konnten. Freilich war von vorn-
herein klar, daß es diesmal mit einem Stockwerk nicht mehr getan sein
würde, daß das Museum vielmehr ein ganzes Haus brauchte. Diese Er-
kenntnis aber rückte zugleich die Aussicht auf Änderung der im Museum
herrschenden Zustände in weite Ferne. Da schenkte im Jahre 1902 der
Ehrenbürger Bautzens, Kommerzienrat OttoWeigang der Stadt seine Ge-
mäldesammlung unter der Bedingung, daß diese mit dem Stiebermuseum

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