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DIE HABERMELSCHEN INSTRUMENTE
IN DRESDEN
von
MA W ENGEL MA NN
Mit dem Wiedererwachen der mathemarisch=aslronomischen Erkennt-
nisse der Griechen und Araber in den Ländern deutscher Zunge
stand naturgemäß auch das Aufleben jener Handwerkskunst in engster
Beziehung, die sich mit der Verfertigung der nötigen Beobachtungsgeräte
für diese Wissenszweige beschäftigte. Die Anfänge dieser, bald zu leb-
hafter Entwicklung kommenden Feintechnik haben wir zu Ausgang des
15. Jahrhunderts in Nürnberg zu suchen Dort ließ sich 1471 der Philolog
und Mathematikus Johannes Regiomontan *> nieder, da ihm die mächtig
emporgeblühte Reichsstadt mit ihrem regen Handel und weitentwickelten
Gewerbe die geistigen und materiellen Mittel darbot, um in ungestörter
Muße seine weitreichenden Pläne verwirklichen zu können. Ein opfer-
bereiter Freund der Wissenschaft namens Bernhard Walther <1430—1504>
ermöglichte es durch Errichtung einer Sternwarte — der ersten in Deutsch-
land —, einer mechanischen Werkstatt und einer eigenen Druckerei, dem
Wirken Regiomontans in der kurzen Spanne Zeit von vier Jahren be-
sondere Fruchtbarkeit zu verleihen. Regiomontans Libersetzungen der
Schriften der Alten, seine astronomischen Lehren, seine erste vollständige
Berechnung von Ephemeriden, seine Kalenderwerke, besonders aber seine
instrumentellen Hilfsmittel wirkten bald vorbildlich. Letztere namentlich bis
in das 17. Jahrhundert hinein, bis zu jener Zeit, da sich die umwälzenden
Forschungsergebnisse des Kopernikus über das Weltensystem und Keplers
Entdeckung der Elipsengestalt der Planetenbahnen allmählich Geltung ver-
schafften, und gleichzeitig die Erfindung des Fernrohres <1608> eine tief-

4 Eigenti. Johannes Müller auch Joh. Francus, de monte Regio, Kunisperger, geb.
6. Juni 1436 in oder bei Königsberg im HerzogtumKoburg. Studierte inLeipzig, war später
Schüler und Freund des in Wien lehrenden Georg von Peurbach <Purbach>, von dem er die
wichtigsten Anregungen zu seinen späteren Leistungen erhielt. Der griechische Kardinal
Bessarion brachte R. nach Italien. In Rom, Ferrara, Padua und Venedig lehrte R. und
wurde dort durch verschiedene Hellenisten in die griechische Sprache eingeführt. 1468 kehrte
er, kostbare lateinische und griechische Bücherschätze mit sich führend, nach Wien zurück,
um im nächsten Jahre an den Hof des LIngarnkönigs Mathias Corvinus als Ordner und
Verwalter seiner Bücherschätze überzusiedeln. Das unruhige Hof leben und drohende
Kriegsnöte veranlaßten ihn nach Nürnberg zu gehen. Seine dortige Tätigkeit beendete
plötzlich 1475 seine Berufung durch Papst Sixtus IV. nachRom zurFörderung derKalender-
reform. Allein schon am 6. Juli 1476 ereilte R. dort der Tod. Nach einer Nachricht starb er
durch Gift, nach der anderen durch die Pest. Von seinen Instrumenten ist so gut wie nichts
erhalten. Ein Astrolabium im Germanischen Museum in Nürnberg soll aus seinem Besitz
stammen.

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