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DIE STATUETTEN KÖNIG AUGUSTS III.
IN MEISSNER PORZELLAN
von
ERNST ZIMMERMANN
Als Böttger im Jahre 1708 sein rotes Steinzeug und wahrscheinlich auch
. schon sein Porzellan erfunden hatte, ging er, wie man weißx>, mit der
sein ganzes Schaffen bezeichnenden Rührigkeit und Vielseitigkeit sogleich
darauf aus, seinen neuen Stoff, der alle bisherigen europäischen Erzeugnisse
der Keramik übertreffen sollte, künstlerisch und technisch auszunutzen, so
weit dies nur irgend möglich war. So kam er auch bald auf den Gedanken,
eine keramische Plastik ins Leben zu rufen, und zwar, da anderes ihm der
damalige Stand seiner Technik noch nicht gestattete, zunächst eine Klein-
plastik, wie sie seit den längst vergangenen Tagen der Tanagrafiguren in
einem keramischen Material noch nicht wieder entstanden war. Die Ergeb-
nisse dieser Bestrebungen sind bekannt und in meiner Arbeit über die Erfin-
dung des Meißner Porzellans zusammengefaßt worden *>. Darnach war es
zunächst eine recht bunte Gesellschaft von Figürchen, die da zusammenkam,
teils Abformungen von anderen plastischen Werken, teils ziemlich unbehilf-
liche Neuschöpfungen, die deutlich bekunden, wie schwierig ihm die Be-
gründung einer solchen neuen Plastik ward: im Mittelpunkt dieser Versuche
aber stand König August der Starke selber, der Böttger in allen seinen bis-
herigen Unternehmungen so eifrig unterstützt hatte. Nicht weniger als drei
verschiedene Statuetten des Königs sind damals, so viel man bis jetzt weiß,
hergestellt worden, und zwar eine für Porzellan und zwei für das rote
Steinzeug. Zwei von ihnen zeigen ihn in einer jener heroisch-aufgebausch-
ten Posen, die zuerst durch König Ludwig XIV. und seine neue Auffassung
vom Königtum aufgekommen waren. Sie steht natürlich zu der Kleinheit
des Maßstabs dieser Figuren in einem ziemlich seltsamen Gegensätze.
Nach diesem ersten so eifrigen Bestreben, den König selbst im neu
erfundenen Porzellan zu bilden, hört man in den vierzehn Jahren, die nach
Böttgers Tode der König noch lebte, merkwürdigerweise nur recht selten
von gleichen, an sich doch sehr naheliegenden Versuchen. Die Akten haben
bis jetzt bloß zu berichten gewußt, daß Kirchner, der erste wirkliche Bild-
hauer, der an die Meißner Manufaktur berufen wurde, im August 1732 »ein
klein Modell zu einer Königsstatue« anfertigte, das er dann im folgenden

Ernst Zimmermann, Die Erfindung und Frühzeit des Meißner Porzellans, Berlin
1909, S. 113ff. u. 206ff.
*> Zimmermann, a. a. O. S. 235 ff.

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