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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 26.1927

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Nr. VIII
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Blume, Evamaria: Neue Innenräume von Professor Karl Pullich
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https://doi.org/10.11588/diglit.48543#0393

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313


Professor Karl Pullich, Wiesbaden
Speisezimmer
Ausführung-: J. G. Mörgenthaler, Stuttgart-Zuffenhausen

NEUE INNENRAUME VON PROFESSOR KARL PULLICH

Eine Schau neuer Innenräume von Prof. Karl Pullich,
die im Staatlichen Ausstellungsgebäude in Stuttgart
zu sehen ist, bedeutet in dem Richtungsstreit der Jetzt-
zeit eine gewichtige Manifestation. Nicht allein, daß wir
bei einer ganz vollendeten handwerklichen Ausführung
im einzelnen einer schlechthin vorbildlichen Spitzenleistung
begegnen, sondern auch — und darin liegt der Schwer-
punkt — den Äußerungen eines Kunstwillens, der sich
anschickt, innerhalb des gegenwärtigen Richtungskampfes
eine ganz unausweichliche Position einzunehmen. Wohl
empfinden wir, daß die ganze Intensität heutigen Ringens
um die zeitgemäße Form hier aufgefangen wurde. Es
ist aber bereits eine Plattform gefunden, die bewußt den
Gefahren der Überbildung sich entgegenstemmt, denen
wir unfehlbar verfallen werden, wenn wir die Begrenzung
und Einseitigkeit eines rein maschinell-abstrakt orientierten
Kunstschaffens nicht rechtzeitig erkennen sollten. Selbst-
verständlich führt eine Technik, die sich ihrer Kultur-
aufgabe bewußt geworden ist, dem Formwillen unserer
Zeit neue und höchst wesentliche Elemente zu. Es hat

von hier aus eine nachhaltige Befruchtung eingesetzt
und künstlerische Leidenschaft der jüngsten Tage trägt
die charakteristischen Merkmale einer entschieden tech-
nisch-konstruktiven Formgebung, die sie um ihrer selbst
willen nun verabsolutiert und nahezu vergöttert. Und
damit rühren wir an den gemeinten Gefahrenpunkt. Das
Rationale des Maschinenwesens muß nämlich seine Grenze
in der Tatsache erkennen, daß auch das Logisch-Ratio-
nale im Menschen selber nur eine begrenzte Rolle spielt.
Das eigentliche Gepräge unseres Wesens wurzelt im
Irrationalen, und nur von dort aus schöpfen wir Menschen
unsere tiefsten Glücksmöglichkeiten und unsere wahre
Erfüllung.
Erkenntnisse dieser Art finden in Prof. Pullichs Schaffen
unverkennbar ihre Auswirkung. Wir sind ihm dankbar,
daß er das Elementarste im Menschen —- Freude — so
als Grundnote all seiner Räume sich aussprechen läßt,
daß sie mit seelischen Werten förmlich geladen sind.
Darin liegt auch der Grund, warum sie so außerordent-
lich gefangen nehmen und in ihren Bann zwingen. Bei

MOD. BAUFORMEN 1927. VIII, 3.
 
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