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Modus: Prace z historii sztuki — 10-11.2011

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Adamski, Jakub: Anne Schaich, Mittelalterliche Sakristeien im deutschsprachigen Gebiet. Architektur und Funktion eines liturgischen Raums
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https://doi.org/10.11588/diglit.19092#0216

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fest, dass diese Obergeschosse meist ais
Schatzkammern gedient hatten, neun Seiten
weiter fmden wir aber die Mittteilung, dass
diese ihre Zweigeschossigkeit wahrschein-
lich mit ihrer Funktion ais Stadt- und Pfar-
rarchive zusammengehangen habe. Vóllig
beiseite gelassen hat Anne Schaich die Frage
von Sakristeiemporen, obwohl dies - wie
es scheint - eine der haufigsten Weisen war,
wie die Obergeschosse solcher Anbauten be-
nutzt wurden. Zwar erwahnt die Verfasserin
stellenweise Sangeremporen, aber dank der
Forschungen von Heinrich Lickes und neu-
lich auch von Adam Soćko (die - im Fali des
letzten Autors - der Verfasserin wahrschein-
lich unbekannt waren), weiB man schon,
dass solche Konstruktionen hauptsachlich
eigenartiger Herrschaftsreprasentation und
Machtpropaganda dienten8. Es ist zu be-
dauern dass Frau Schaich keinen Versuch
unternommen hat, ąuellenmaBig bezeugte
Funktionen der ihr bekannten zweigeschossi-
gen Nebenraume zumindest statistisch zu er-
fassen. Richtig war zwar ihre Entscheidung,
auf einen Katalog aller in Deutschland erhal-
tenen Sakristeien zu verzichten (der Umfang
eines solchen Katalogs ist kaum vorstellbar),
aber ein solches quantitatives Fazit hatte
zumindest einen Begriff davon geben kón-
nen, welche Funktionen die Obergeschosse
von Sakristeien am haufigsten erfullten.
Unverstandlich ist in diesem Zusammen-
hang auch die Tatsache, dass die Verfasserin
neuzeitige Quellen vollig ignoriert hat, die
ja oft den seit dem Spatmittelalter praktisch
unveranderten Zustand einer Kirche getreu
wiedergeben (besonders im Falle von prote-
stantischen Kirchen).

Die unbestreitbaren Unvollkommenhei-
ten dieser Partien der Abhandlung sollen die
interessanten Beobachtungen der Verfasserin
nicht verdecken. Es gehórt zu ihnen etwa die

8 Por. H. Lickes, Chorflankierende Oratorien
und Herrschaftslogen des spateren Mittelalters, Tii-
bingen 1973; A. Soćko, Układy emporowe w archi-
tekturze państwa krzyżackiego, Warszawa 2005.

Feststellung, dass die meisten bis heute er-
haltenen Sakristeien aus der Zeit nach 1400
stammen, was sich wahrscheinlich aus der
Tatsache erklart, dass im Spatmittelalter die
Anzahl der Mitglieder von Klerikerkollegien
und Orden immer hóher anstieg. Kerm-
zeichnend ist hier das Beispiel des MeiBner
Domes, wo es bis Ende des 15. Jahrhunderts
nur zwei kleine Sakristeien gab, die daruber
hinaus in Obergeschossen beider ostlichen
(um 1250-1269 errichteten) Chortiirme
untergebracht waren. Geringe AusmaBe und
eine sichtlich unbeąueme Platzierung dieser
Raume begann die dortigen Kanoniker erst
nach einigen Jahrhunderten zu stóren und
in den Jahren 1490-1504 lóste man das
Problem durch den Bau einer neuen, pracht-
vollen Sakristei, die architektonisch mit
dem nahegelegenen Schloss Albrechtsburg
verbunden war.

Die von der Verfasserin analysierten Bei-
spiele der Ausstattung von mittelalterlichen
Sakristeien bewiesen die These, dass die
Hauptsorge ihrer Baumeister und Benutzer
eine móglichst zuverlassige Sicherung der
dort aufbewahrten Gerate, Gewander und
Biicher war. Es zeugen davon zahlreich
erhaltene massive, mit Eisenbeschlagen ver-
sehene oder ganzlich aus Metali gefertigte
Tiiren, Gitterturen, schwere Schranke und
Truhen mit groBen Schlossern oder auch so
raffmierte Lósungen, wie Scheinschranke,
die Geheimeingange zum Obergeschoss
tamten (etwa in der St. Michaelskirche zu
Schwabisch Hall). Schaich hat auch die
Vermutung aufgestellt, dass die Vergitterung
der manchmal in Sakristeien befindlichen
Sakrarien und Reliąuiennischen auf eine
zumindest teilweise Zuganglichkeit solcher
Raume fur Glaubige hinweisen konne. Aus
der Abhandlung erfahren wir auch, dass
keine Regeln die GroBe und Anordnung von
Wandnischen vorschrieben, die ais Schranke
oder liturgische „Abstellraume" fur einen in
der Sakristei untergebrachten Altar benutzt
werden konnten. Nischen dieser Art sowie

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