Auch die nächste Entwicklungsstufe des Kirchenentwur-
fes (uns von AT 776 (Abb. 104) und AT 8 bekannt), in der
vorgesehen ist, an den Hauptbau einen kleinen Mönchs-
chor anzuschließen und ihn mit dem Innern der Kirche zu
verbinden, mußte in die Anderung des Altarentwurfes
eingehen. Der Altar sollte jetzt frei in dem Übergang
zwischen den Raumteilen stehen.
Die Zeichnungen AT 856 verso, AT 17 recto (Abb. 112),
AT 855 verso und AT 859 (Abb. 113) geben darüber
Aufschluß, wie sich Tilman die Lösung des Altars in dieser
Phase des Kirchenentwurfes vorstellte.27 Auf AT 8 56 verso
erscheint unter dem überhöhten Korbbogen der niedrigen
Arkade, die beide Raumteile verbindet, ein einfacher
Altartisch, auf dem das uns bekannte hohe Tabernakel
steht. An den Seiten der Mensa sind Balustraden skizziert,
die den Mönchschor vom Hauptteil der Kirche trennen.
Die Arkade ist mit Girlanden geschmückt, die am Arka-
denschlußstein angehängt und an den Konsolen der vor-
kragenden Archivolte befestigt sind. Über der Arkade ist
ebenfalls eine Gruppe von Engeln geplant, die ein kleines
rechteckiges Bild emporhalten. Dieses charakteristische
Format des Bildes, das von jetzt an in allen weiteren
Entwürfen zum Altar erscheinen wird, bezeugt, daß wir es
hier mit dem aus Venedig mitgebrachten wundertätigen
Bildnis des heiligen Antonius zu tun haben. Eine leicht
abgeänderte Version des Altars ist auf der Zeichnung AT
17 recto (Abb. 112) dargestellt. Das Bild ist jetzt unmittel-
bar über dem Tabernakel angebracht und wird von Engeln
gehalten, die seitlich von diesem stehen. Dadurch kann
über dem Gebälk die Einfassung für ein Blendfenster
geplant und 1m Fries eine kleine, von einem Putto empor-
gehaltene Kartusche untergebracht werden. Diese trägt
eine Inschrift, die sich auf den Heiligen bezieht. Ebenfalls
genauer ausgearbeitet sind die Formen des reichen Taber-
nakels, das auf einem hohen Sockel ruht, sowie die
Konsolen, an denen die eucharistischen Lichter aufge-
hängt werden sollen. Den Platz der Balustraden nehmen
hier durchbrochene Pforten ein. Eine andere Version des
Altars aus demselben Entwurfsstadium bringen die Zeich-
nungen AT 855 verso und AT 859 (Abb. 113). Die erste
Zeichnung ist die vorbereitende Skizze für die zweite, die
sorgfältiger ausgearbeitet ist. Das Heiligenbild soll nun im
Arkadenscheitel aufgehängt und von einer wie in der Luft
schwebenden Engelgruppe emporgehalten werden. Auch
die Komposition des Altars selbst ist verändert worden;
das Tabernakel erhielt die Form einer Erdkugel, die den
Unterbau für die strahlenförmige Monstranz bildet. Letz-
tere wiederum wird von Engeln verehrt, die in ekstatischer
Haltung verharren. Einer der Engel weist mit der Hand
nach oben auf das Heiligenbild. Über dem Gebälk sieht
man jetzt statt des Blendfensters ein ovales Bild, das durch
eine Schar von Engeln - zwei von ihnen blasen Posaune -
eingefaßt ist.
Die Vergrößerung des Mönchschors, seine Erhöhung bis
zur Höhe des Hauptraumes und die Verbindung beider
Teile der Kirche zu einer räumlichen Einheit bedingten
eine grundsätzliche Anderung in der Komposition des
Altars (Abb. 106). Der Hauptaltar ist jetzt in der Mitte des
Chores aufgestellt, wie wir auf den Zeichnungen AT 777
verso und AT 612 verso sehen, die eine Skizze und eine
genaue Ausarbeitung des Grundrisses von diesem Teil der
Kirche zeigen.2S Der Altar ist auf einem dreieckigen
Grundriß aus drei Mensen zusammengestellt und steht
unter einem Kuppelbaldachin, der auf Säulen ruht. Dar-
über geben zwei Skizzen Aufschluß: die eine befindet sich
im oberen Teil des erwähnten Blattes AT 855 verso und die
zweite neben dem Grundriß auf AT 777 verso. Unter der
Kuppel des Baldachins soll das von einer Engelgruppe
umgebene Bild des heiligen Antonius aufgehängt werden.
Dieser interessante Entwurf zu dem Altar, der wahr-
scheinlich erst von jetzt an auch als Mausoleum für den
heiligen Bonifatius gedacht war, wurde dennoch möglich-
erweise deshalb verworfen, weil der Kuppelbaldachin eine
nicht erwünschte Konkurrenz für die Innenarchitektur
der Kirche gebildet hätte. Daher kehrte Tilman zu der
vorhergehenden Form zurück, in welcher der Altar aus
zwei gegeneinandergestellten Tischen zusammengesetzt
ist, zwischen denen eine Confessio mit den Reliquien
untergebracht sein sollte. Offensichtlich bereitete es Til-
man größere Schwierigkeiten, eine befriedigende Lösung
für das Retabel eines so angelegten Altars zu finden.
Davon zeugen einige Studien, in denen er mehrfach auf
seine früheren Ideen zurückgriff. So fällt es heute auch
schwer festzustellen, m welcher Reihenfolge die Studien
entstanden sind.
Den vermutlich frühesten Entwurf stellen die Zeichnun-
gen AT 846 verso und AT 840 dar.2? Sie zeigen hier das
hohe Retabel in Form einer Adikula mit Aufsatz, das zu
einer Einheit mit der Schauwand verbunden ist, die den
Chor teilt und in der sich zwei Türen befinden. Das
prächtige Tabernakel mit dem darüber aufgehängten, von
einer Puttengruppe eingefaßten und von zwei Engeln
emporgehaltenen Bild des heiligen Antonius, die reiche
Kartusche, die sich im Aufsatz befindet, und die Skulptu-
ren auf dem gesprengten Giebel der Adikula und auf den
Schauwänden an den Seiten bilden die Dekoration des
Altars. Diese beiden Zeichnungen unterscheiden sich le-
diglich geringfügig: die Voluten, die auf AT 846 verso die
Ädikula mit den Pforten verbinden, sind auf AT 840 durch
Schmuckvasen oder Kugeln mit kleinen Kreuzen ersetzt;
ebenso ist die Form des Aufbaues verändert. Die nächste
Zeichnung, AT 833, bringt wohl aus praktischen Erwä-
gungen die Schauwände gar nicht mehr und zeigt eine
Vereinfachung der Retabelarchitektur, die durch Weglas-
sen des Aufsatzes bei gleichzeitiger Aufwertung der
skulpturalen Dekoration erreicht wirdP0 Über dem jetzt
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fes (uns von AT 776 (Abb. 104) und AT 8 bekannt), in der
vorgesehen ist, an den Hauptbau einen kleinen Mönchs-
chor anzuschließen und ihn mit dem Innern der Kirche zu
verbinden, mußte in die Anderung des Altarentwurfes
eingehen. Der Altar sollte jetzt frei in dem Übergang
zwischen den Raumteilen stehen.
Die Zeichnungen AT 856 verso, AT 17 recto (Abb. 112),
AT 855 verso und AT 859 (Abb. 113) geben darüber
Aufschluß, wie sich Tilman die Lösung des Altars in dieser
Phase des Kirchenentwurfes vorstellte.27 Auf AT 8 56 verso
erscheint unter dem überhöhten Korbbogen der niedrigen
Arkade, die beide Raumteile verbindet, ein einfacher
Altartisch, auf dem das uns bekannte hohe Tabernakel
steht. An den Seiten der Mensa sind Balustraden skizziert,
die den Mönchschor vom Hauptteil der Kirche trennen.
Die Arkade ist mit Girlanden geschmückt, die am Arka-
denschlußstein angehängt und an den Konsolen der vor-
kragenden Archivolte befestigt sind. Über der Arkade ist
ebenfalls eine Gruppe von Engeln geplant, die ein kleines
rechteckiges Bild emporhalten. Dieses charakteristische
Format des Bildes, das von jetzt an in allen weiteren
Entwürfen zum Altar erscheinen wird, bezeugt, daß wir es
hier mit dem aus Venedig mitgebrachten wundertätigen
Bildnis des heiligen Antonius zu tun haben. Eine leicht
abgeänderte Version des Altars ist auf der Zeichnung AT
17 recto (Abb. 112) dargestellt. Das Bild ist jetzt unmittel-
bar über dem Tabernakel angebracht und wird von Engeln
gehalten, die seitlich von diesem stehen. Dadurch kann
über dem Gebälk die Einfassung für ein Blendfenster
geplant und 1m Fries eine kleine, von einem Putto empor-
gehaltene Kartusche untergebracht werden. Diese trägt
eine Inschrift, die sich auf den Heiligen bezieht. Ebenfalls
genauer ausgearbeitet sind die Formen des reichen Taber-
nakels, das auf einem hohen Sockel ruht, sowie die
Konsolen, an denen die eucharistischen Lichter aufge-
hängt werden sollen. Den Platz der Balustraden nehmen
hier durchbrochene Pforten ein. Eine andere Version des
Altars aus demselben Entwurfsstadium bringen die Zeich-
nungen AT 855 verso und AT 859 (Abb. 113). Die erste
Zeichnung ist die vorbereitende Skizze für die zweite, die
sorgfältiger ausgearbeitet ist. Das Heiligenbild soll nun im
Arkadenscheitel aufgehängt und von einer wie in der Luft
schwebenden Engelgruppe emporgehalten werden. Auch
die Komposition des Altars selbst ist verändert worden;
das Tabernakel erhielt die Form einer Erdkugel, die den
Unterbau für die strahlenförmige Monstranz bildet. Letz-
tere wiederum wird von Engeln verehrt, die in ekstatischer
Haltung verharren. Einer der Engel weist mit der Hand
nach oben auf das Heiligenbild. Über dem Gebälk sieht
man jetzt statt des Blendfensters ein ovales Bild, das durch
eine Schar von Engeln - zwei von ihnen blasen Posaune -
eingefaßt ist.
Die Vergrößerung des Mönchschors, seine Erhöhung bis
zur Höhe des Hauptraumes und die Verbindung beider
Teile der Kirche zu einer räumlichen Einheit bedingten
eine grundsätzliche Anderung in der Komposition des
Altars (Abb. 106). Der Hauptaltar ist jetzt in der Mitte des
Chores aufgestellt, wie wir auf den Zeichnungen AT 777
verso und AT 612 verso sehen, die eine Skizze und eine
genaue Ausarbeitung des Grundrisses von diesem Teil der
Kirche zeigen.2S Der Altar ist auf einem dreieckigen
Grundriß aus drei Mensen zusammengestellt und steht
unter einem Kuppelbaldachin, der auf Säulen ruht. Dar-
über geben zwei Skizzen Aufschluß: die eine befindet sich
im oberen Teil des erwähnten Blattes AT 855 verso und die
zweite neben dem Grundriß auf AT 777 verso. Unter der
Kuppel des Baldachins soll das von einer Engelgruppe
umgebene Bild des heiligen Antonius aufgehängt werden.
Dieser interessante Entwurf zu dem Altar, der wahr-
scheinlich erst von jetzt an auch als Mausoleum für den
heiligen Bonifatius gedacht war, wurde dennoch möglich-
erweise deshalb verworfen, weil der Kuppelbaldachin eine
nicht erwünschte Konkurrenz für die Innenarchitektur
der Kirche gebildet hätte. Daher kehrte Tilman zu der
vorhergehenden Form zurück, in welcher der Altar aus
zwei gegeneinandergestellten Tischen zusammengesetzt
ist, zwischen denen eine Confessio mit den Reliquien
untergebracht sein sollte. Offensichtlich bereitete es Til-
man größere Schwierigkeiten, eine befriedigende Lösung
für das Retabel eines so angelegten Altars zu finden.
Davon zeugen einige Studien, in denen er mehrfach auf
seine früheren Ideen zurückgriff. So fällt es heute auch
schwer festzustellen, m welcher Reihenfolge die Studien
entstanden sind.
Den vermutlich frühesten Entwurf stellen die Zeichnun-
gen AT 846 verso und AT 840 dar.2? Sie zeigen hier das
hohe Retabel in Form einer Adikula mit Aufsatz, das zu
einer Einheit mit der Schauwand verbunden ist, die den
Chor teilt und in der sich zwei Türen befinden. Das
prächtige Tabernakel mit dem darüber aufgehängten, von
einer Puttengruppe eingefaßten und von zwei Engeln
emporgehaltenen Bild des heiligen Antonius, die reiche
Kartusche, die sich im Aufsatz befindet, und die Skulptu-
ren auf dem gesprengten Giebel der Adikula und auf den
Schauwänden an den Seiten bilden die Dekoration des
Altars. Diese beiden Zeichnungen unterscheiden sich le-
diglich geringfügig: die Voluten, die auf AT 846 verso die
Ädikula mit den Pforten verbinden, sind auf AT 840 durch
Schmuckvasen oder Kugeln mit kleinen Kreuzen ersetzt;
ebenso ist die Form des Aufbaues verändert. Die nächste
Zeichnung, AT 833, bringt wohl aus praktischen Erwä-
gungen die Schauwände gar nicht mehr und zeigt eine
Vereinfachung der Retabelarchitektur, die durch Weglas-
sen des Aufsatzes bei gleichzeitiger Aufwertung der
skulpturalen Dekoration erreicht wirdP0 Über dem jetzt
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