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Verlorene Zeichnungen
Nr. 64-Nr. 75

64. Arbeiten am Schloß in Janowiec

Das Schloß der Familie Firlej und später Tario in Janowiec
aus dem 16. Jahrhundert, das Barbara Tariöwna 1652 als
Mitgift in die Ehe mit Jerzy Sebastian Lubomirski brachte,
wurde 1656 von schwedischen Truppen erobert und nie-
dergebrannt.1

Wahrscheinlich begann man schon kurz nach diesem
Krieg mit dem Wiederaufbau. Wir wissen, daß Tilman sich
1664 hier aufhielt: eine Notiz auf der Zeichnung AT 917
verso ist in Janowiec vom 6. Juni 1664 datiert. Möglicher-
weise war Tilmans Aufenthalt mit damals durchzuführen-
den Restaurierungsarbeiten verbunden, zumal sich m dem
verlorenen Teil des Tilman-Archivs eme leider nicht näher
bezeichnete Zeichnung befand, die »das Schloß in Jano-
wiec« darstellte.2

Wenn zu Jerzy Sebastian Lubomirskis Zeiten tatsächlich
Restaurierungsarbeiten durchgeführt worden sind, so
wurden sie sicher nicht über das Jahr 1664 hinaus fortge-
setzt, als Lubomirski im Dezember auf dem Reichstag zu
Verbannung verurteih worden war. Nach diesem Reichs-
tag brach der Aufstand aus, der, wie bekannt, mit der
blutigen Bruderschlacht bei M^twy endete und dem Lu-
bomirskis Tod nach der Verbannung Anfang 1667 folgte.
Einige Jahre später muß das Schloß in Janowiec aber
bewohnbar gewesen sein, wenn dort der König Michael
Korybut Wisniowiecki ab August 1672 eme gewisse Zeit
residierte.

Die Analyse der erhahenen Ruinen zeigt, daß im 3. Vier-
tel des 17. Jahrhunderts der Bau am westlichen Hof umge-
staltet und mit emern Anbau versehen worden ist. Der
Nordrisaht nut dem Repräsentationssaal im Obergeschoß
und die Gänge mit Pfeilerarkaden am östlichen Hof
wurden angefügt; außerdem wurde eine kleine Kapelle
errichtet und der Südwestturm erhöht. Von den Dekora-
tionselementen aus dieser Zeit sind Ohrenportale aus
schwarzem Marmor mit den Wappen der Lubomirski,
eine Reihe von Ohrenfenstereinfassungen sowie Überre-
ste der Malerei- und Stuckdekoration mit Band- und
Akanthusmotiven in einem der Turmkabinette erhalten.

Ob man alle diese Arbeiten mit der vermuteten Restau-
rierung m den sechziger Jahren in Verbindung bringen
kann, oder ob sie nicht teilweise aus späterer Zeit stam-
men, als das Schloß den Söhnen des Hetmans und Barbara
Tarlöwnas gehörte (Franciszek, gest. 1699, Jerzy Domi-
nik, gest. 1727), läßt sich nicht entscheiden.

Die erhaltenen Teile des Baues und die aus dem Tilman-
Archiv verlorenen Zeichnungen, die mit diesem Bau zu
verbmden wären, erlauben es nicht festzustellen, ob über-
haupt Arbeiten in Janowiec nach Projekten Tilmans aus-
geführt worden sind und welche es im zutreffenden Falle
gewesen sem könnten.

1 Vgl. Slownik geograficzny, Bd. 3, 1882, S. 429-430; Katalog Zabyt-
köw, Bd. 3, Heft6, 1958. S. 10-14; Guerquin, 1984, S. 164-166.

2 Makowiecki, 1938-a, S. 154.

65. Arbeiten am Schloß in Lancut

Während des Krieges wurden auch vier Zeichnungen aus
dem Tilman-Archiv vernichtet, die »Fragmente der Befe-
stigungsanlagen von Lancut« darstellten.1 Wenn es sich
hierbei um Entwürfe und nicht um Aufmessungen oder
Ansichten des bestehenden Zustands handelte, so kann
man annehmen, daß sie aus der Zeit stammten, in der der
Krongroßmarschall und Kronfeldhetmann Jerzy Seba-
stian Lubomirski (gest. 1667) die bis dahin bestehenden
Erdwälle des Schlosses mit steinernen Bastionen und
Kurtinen versehen ließ.2 Wenn die verschollenen Blätter
nicht zu der Gruppe der fremden Arbeiten in Tilmans
Sammlung gehörten, sondern eigenhändige Zeichnungen
Tilmans waren, so muß man den Entwurf zu den neuen
Fortifikationen mit thm verbinden; sie dürften dann nicht
vor 1662, d. h. vor Tilmans Ankunft in Polen entstanden
seinü

Im Jahre 1688, als Stamslaw Herakliusz Lubomirski, der
Sohn des Hetmans Jerzy Sebastian, Besitzer von Lancut
war,4 fiel das Schloß emem Brand zum Opfer; danach
wurden Arbeiten zur Wiederherstellung durchgeführtö
Man nimmt traditionsgemäß an, daß damals die kuppel-
förmigen Kupferhelme der die Fassade flankierenden Tür-
me angefertigt wurden und verbindet den Entwurf für sie
mit Tilman.6 Tatsächlich besitzt die Helmform eine Reihe
von Analogien zu Tilmans Projekten (vgl. vor allem die
Zeichnung AT 476), so daß diese Hypothese ziemlich
wahrscheinlich scheint.

1 Makowiecki, 1938-a, S. 154.

2 Kossakowska-Szanajca, Majewska-Maszkowska, 1964, S.88; Gru-

szecki, 1962, S. 210, 220-221.

3 Die Fortifikationen kennen wir von einem Aquarell von T. de Thomon,

um 1790 (Kossakowska-Szanajca, Majewska-Maszkowska, 1964, S. 81;

Gruszecki, 1962, S.221).

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