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Müller, Hinrich
Die Brückenbaukunde in ihrem ganzen Umfange: ein Handbuch für Ingenieure und Baumeister (Band 3): Die Erbauung der steinernen Brücken — Leipzig, 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.24551#0032
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von den Kuhhörnern und den Brückenaugen.

schränkter Höhe hat diese Anordnung aber immer den Nachtheil, daß durch die
hervortretenden Schenkel der Gewölbe die Durchflußöffnnng zu sehr verengert
wird. Um daher in solchen Fällen eine möglichst große Durchflußöffnung zu
gewinnen, läßt man die Mittlern Bögen ansteigen. Damit aber dann die
Anfänge der Bögen wo möglich alle in eine Horizontalebene zu liegen kommen,
was nothwendig ist, damit die Pfeiler nicht in verschiedenen Höhen einen
verschiedenen Horizontaldruck erleiden, was im Falle einer zu leichten und
kühnen Constrnction der Pfeiler möglicher Weise ein Ausweichen derselben nach
einer Seite hin, wo der Gegendruck am schwächsten und höchsten ist, zur Folge
haben kann, so erhalten die Mittlern Bögen auch zweckmäßig eine größere
Weite als die den Usern zunächst liegenden Bögen. Dies findet man bei
vielen Brücken ansgeführt; es geht zwar hierdurch das schönere und kühnere
Aussehen, welches eine völlig wagerechte Brücke hat, verloren, der dadurch er-
reichte Vortheil einer größer» Durchflußöffnung ist aber bedeutender und wiegt
in dieser Beziehung das Verlorene vollständig auf.

Eiu anderer Nachtheil, der bei den horizontalen Fahrbahnen stattfindet,
ist der, daß der Abfluß des Regeuwassers trotz aller künstlichen Vorrichtungen
doch immer sehr erschwert wird. Eisenbahnbrücken müssen nun unter allen Um-
ständen immer eine horizontale Fahrbahn erhalten und muß man den Gossen,
in welchen das Regenwasser abgeleitet werden soll, alsdann mindestens Vioo
Fall geben, was eben hinreichend zur Abführung des Regenwassers ist.
Auf andern Fahrstraßen würde aber ein solches geringe Gefälle nicht genügen,
indem da das Wasser nicht so rein abfließt und sich leicht verstopfen würde
durch den mit fortgeführten Schlamm.

Soll die Brücke nur für Fuhrwerk und sonstige Passage dienen, so kann
man der Brücke bis nach der Mitte hin eine Steigung bis zu y3a gebcu, ohne
daß es für das Fuhrwerk eben bedeutend beschwerlich sein würde. Die Fuß-
bahnen kann man hierbei dennoch wagerecht legen, indem man sie in einigen
Stufen endigen läßt, was das Angenehme wieder hat, daß dieselben dann
nicht befahren werden können.

Diese Mehrhöhe, die durch eine solche Anordnung gewonnen wird, ist
unter Umständen sehr vortheilhaft in Betreff der Vergrößerung der Dnrchfluß-
öffnung, und ferner gestattet sie auch eine schnellere Abführung des Regen-
wassers.

Es muß jedoch immer der Einsicht und der Beurtheilung des Baumeisters
überlassen bleiben, wie und auf welche Art die Anordnungen getroffen werden
müssen, um obigen Bedingungen möglichst Genüge zu leisten. Feste Regeln
für alle Fälle lassen sich darüber nicht aufstellen, indem es immer von Local-
umständen abhängig ist, hierbei aber die Fälle sehr verschiedenartig sein können.
Unter keiner Bedingung darf man aber das Nothwendige und Zweckmäßige einer-
scheinbaren Schönheit nnterordnen oder gar opfern; dieses würde nur zum
großen Nachtheil des Ganzen geschehen können.
 
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