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Dämonen nicht sehen.1) Was aber diesen recht, war sicher
den Menschen billig-.

Außer den bisher besprochenen gibt es noch andere
Gründe, das eigene Schamgefühl durch Entblößungen hintan-
zusetzen. Man kann dadurch bei anderen das Gefühl der
Beschämung hervorrufen wollen, um mit seiner Hilfe be-
stimmte Wirkungen zu erzielen. So sollen spartanische Frauen
den aus dem Kampfe fliehenden Söhnen ihre Geschlechtsteile
enthüllt haben, um sie so wieder in den Kampf zurück-
zuscheuchen.2) Selbst die Götter glaubte man auf diese Weise
beeinflussen zu können. Ein bezeichnendes Beispiel erzählt
Plutarch3): Als Bellerophon von Iobates ungerecht behandelt
war, überflutete Poseidon auf seine Bitten das Land der
Lykier. Aber die Frauen gingen ihm mit aufgehobenen Ge-
wändern entgegen, so daß er aus Scham zurückwich und mit
ihm die Wogen. Hier wirkt also die Entblößung apotro-
päisch, und in diesem Sinne wird sie auch vielfach in der
Darstellung dämonischer Wesen verwandt, vor deren Bild
der Unheilbringer sich abwenden soll.4)

Doch das, was für gewöhnlich peinlich und erschreckend
wirkt, kann unter Umständen auch die Lachlust erregen.
Auch in diesem komischen Sinne finden wir die Entblößung
verwendet. Ein. bekanntes Beispiel hierfür ist der unanstän-
dige Kultbrauch, als dessen alziov die eleusinische Sage be-
richtet, wie Baubo die um ihre Tochter trauernde Demeter

:) "'Eqya v. 727ff. und 757; vgl. Sittl, Gebärden der Griechen und
Römer S. 118.

2) Plutarch, de virtute mul. S. 246 A; Lacaen. apophtegm. S. 241 A;
Justin. I 6,8; vgl. Jahn, Ber. d. sächs. Ges. d. Wiss. 1855 S. 93.

3) De virt. mul. S. 248 B.

4) Jahn a. a. 0. S. 67 ff.
 
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