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80 —

Glaublicher mag heute noch die Auffassung FurtwänglersJ)
klingen, die auch mehrfache Zustimmung gefunden hat. „Der
kindliche Zeichner abstrahiert eben überhaupt von Gewan-
dung und begnügt sich mit dem einfachen Schema der
Menschenfigur." Als Analogie dient ihm, daß auch der Tote
nackt auf dem Paradebett ausgestellt sei, was doch sicher
nirgends der Wirklichkeit entspräche. Aber wir werden unten
sehen, daß der Tote nicht nackt gedacht ist, sondern wenigstens
die Decken, mit denen er verhüllt war, über ihm dargestellt
sind. Auch bei der anscheinend nackten Leiche der erwähnten
Dresdener Prothesis sind diese durch das Zickzackmuster
darüber angegeben. Pottier endlich weist noch auf eine
böotische Hydria im Louvre -) hin, auf der bekleidete Frauen
mit Angabe der Brüste dargestellt sind, ein Beweis, daß es
dem Maler nur um deutliche äußere Uuterscheidung der Ge-
schlechter zu tun sei. Aber diese Brüste sollen sicher, wie
auch die den bekleideten Pappades aufgemalten,3) nur das
Hervortreten der Körperformen unter dem Gewände andeuten.

Mit Eecht wies Dümmler4) ,,alle Versuche, die Nacktheit
als eine uneigentliche, bloß stilistische hinwegzuinterpretieren",
zurück und nahm sie als eine wichtige Tatsache des vor-
solonischen übertriebenen Totenkultes in Anspruch. Daran
ändert der Irrtum nichts, daß er den auf derselben Monumenti-

1) Archäol. Zeitg. a. a. 0. S. 136, Berliner Philol. Wochenschrift
1888 S. 457; vgl. Perrot VII, 174; Pauly-Wissowa, Realenzyklopädie II
S. 330, 35 (Mau).

2) Vases ant. du Louvre I Tf. 21 A. 575, Perrot VII S. 215; vgl.
Pottier, Catalogue I S. 226.

3) Winter, Typen der figürl. Terrakotten I S. 9; Collignon, Hist. I
S. 109.

*) Philologus N. F. VII 1894, S. 213; Kl. Sehr. II S. 416.
 
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